Der 40-Prozent-Einstieg der Raiffeisen-Tochter Medicur beim ORF-Unternehmen ORS (Österreichischen Rundfunksender GmbH) ist nach Ansicht von Klaus Pekarek, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats, so gut wie fix. "Mit höchster Wahrscheinlichkeit kommt es zu einem Abschluss", sagte er am Dienstag im APA-Interview. Er selbst habe sich am Montag im Stiftungsrat bei der Abstimmung darüber der Stimme enthalten, um jeglichen Anschein der Befangenheit zu vermeiden, bestätigte der Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Kärnten. Das Ergebnis für die Medicur, mit der in den nächsten zwei Wochen exklusiv verhandelt wird, sei aber "eindeutig" gewesen.

Über den Kaufpreis für die 40 Prozent an der ORS machte Pekarek keine Angaben. Eine Verschränkung mit dem geplanten Investment in Ungarn, das am Montag grundsätzlich ebenfalls vom Stiftungsrat abgesegnet wurde, sei denkbar. Ein Zuschlag in Ungarn böte zusätzliche "Phantasie bei den Finanzierungskonstruktionen", könnte sich doch die ORS für ihr Engagement bei der Antenna Hungaria ebenfalls Partner suchen.

Evaluation der Werbebeschränkungen

In Österreich müht sich der ORF mit gesetzlichen Werbebeschränkungen und Urteilen des Bundeskommunikationssenats, die Sonderwerbeformen zunehmend einen Riegel vorschieben. Pekarek plädiert für eine Evaluation der Werbebeschränkungen: Eine "praxisnahe Manöverkritik" sollte überprüfen, ob Werbeformen, die von der Wirtschaft gewünscht und vom Publikum akzeptiert würden, nicht doch zulässig sein sollten. Es gebe eine ganze Reihe von Beschränkungen, "die niemanden nützen, aber dem ORF schaden". Das Bekenntnis der Parteien zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei unbestritten, dann müsse dieser aber auch "Entwicklungsmöglichkeiten" haben.

Auch wenn von Seiten der Politik derzeit offiziell keine Änderung des ORF-Gesetzes geplant ist, solle es "möglich sein, das aus der Praxis heraus zu diskutieren", findet Pekarek. Denn der ORF ist nach wie vor finanziell unter Druck, und mit Sparen allein werde die vom Stiftungsrat geforderte "Schwarze Null" nicht zu erreichen sein, so der Vorsitzende. "Sparen hat Grenzen und muss dort aufhören, wo es an die Substanz geht." Daher müsse auch einnahmenseitig etwas passieren - wenn nicht im Bereich der Werbung, dann eben bei den Programmentgelten.

"Kein aktueller Bedarf an einer Gebührendiskussion"

2004 wurden die ORF-Gebühren um 8,2 Prozent erhöht, ORF-Chefin Monika Lindner hat erst unlängst laut darüber nachgedacht, dass wohl 2007 die nächste Erhöhung fällig ist. "Derzeit besteht kein aktueller Bedarf an einer Gebührendiskussion", sagte Pekarek dazu. "Aus der mittelfristigen Perspektive ist das aber mehr als berechtigt." Lindners Ankündigung, dass sie wieder antreten will, wollte er nicht kommentieren. Die Generaldirektorin genieße aber "breites Vertrauen im Stiftungsrat".

Dass über ein Jahr vor dem Wahltermin quasi "Vorwahlkampf" im ORF zu herrschen scheint, will Pekarek "nicht überbewertet" wissen. Der Zeitplan für die Kür im kommenden Jahr sei vom Gesetz vorgegeben: Bei einer Ausschreibung Ende Juni 2006 und vier Wochen Bewerbungsfrist werde sie "im Laufe des Sommers" erfolgen. Der Generaldirektor - oder die Generaldirektorin - wird vom Stiftungsrat gewählt, der mit der ORF-Reform 2001 von der Bundesregierung "entparteipolitisiert" wurde. Etikettenschwindel, monieren Kritiker: Die Mitglieder des Aufsichtsrates agierten parteipolitisch wie eh und je. Pekarek räumte ein, dass sich "der Stiftungsrat nie im sterilen, politikfreien Raum" bewegen können werde und sich permanent auf einer "Gratwanderung" befinde. Dennoch: "Alle Versuche, die Mitgleider als irgendwelche Kofferträger abzuqualifizieren, sind schärfstens abzulehnen." (APA)