"Mehr als eine Fotoausstellung im Parlament war nicht drin", sagt die grüne Abgeordnete Farah Karimi enttäuscht. Im Parlament hat sie eine offizielle Entschuldigung der Regierung verlangt, Unterstützung für diese Geste gegenüber den Angehörigen von 7800 ermordeten bosnischen Muslimen fand sie nicht.

Außenminister Ben Bot hat zwar an der Gedenkveranstaltung in Srebrenica teilgenommen, Worte des Bedauerns aber verweigert die Regierung aus Angst, damit Mitverantwortung für das größte Blutbad in der Nachkriegsgeschichte zu übernehmen. "Dutchbat", das niederländische Blauhelmbataillon, hatte 1995 eigentlich den Auftrag, die von der UNO zum sicheren Gebiet erklärte Stadt Srebrenica zu schützen.

In den Niederlanden will man nicht mehr an die peinliche Geschichte erinnert werden. Vergessen scheinen die Bilder vom ausgelassenen Fest der Dutchbat-Soldaten in Zagreb nach dem Fall der Enklave. Vergessen scheint auch die Aussage des Kommandanten Thom Karremans, wonach es in Bosnien keine "good guys and bad guys" gegeben hätte. "Ich habe ehrlich gesagt nicht daran gedacht, Mladic nach dem Schicksal der abgeführten muslimischen Männer zu fragen", hatte Karremans vor zwei Jahren zugegeben.

61 Prozent der Niederländer glauben, dass die 400 Dutchbat-Soldaten im Hauptquartier in Poto´cari alles Menschenmögliche getan hätten. Fünf Millionen Euro gibt Den Haag allerdings pro Jahr für humanitäre Projekte in Srebrenica aus, still und heimlich, um ja nicht den Eindruck zu wecken, damit eine Mitschuld an dem Massenmord einzugestehen. 2002 trat die Regierung Kok wegen eines kompromittierenden Berichts über Srebrenica zurück.

In einem Interview sagte der damalige Verteidigungsminister Joris Voorhoeve kürzlich mit Berufung auf einen Bericht des militärischen Geheimdienstes, dass zwei permanente Mitglieder des UN- Sicherheitsrates im Frühling von 1995 die Räumung der UN-Schutzzonen Srebrenica, Zepa und Gorazde beschlossen hätten, ohne Den Haag davon in Kenntnis gesetzt zu haben. Es ist die offizielle Lesart der niederländischen Politik, wonach die Großmächte die eigentlichen Schuldigen des Genozides von Srebrenica seien. "Die Niederlande haben sich missbrauchen lassen", erklärte Voorhoeve. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.7.2005)