Reichenau - Verwicklungen dieser Art würden für die nächste Generation vielleicht nicht mehr existieren, mutmaßt Arthur Schnitzler im zweiten Akt durch eine seiner Figuren. Hundert Jahre nach der ersten Aufführung seines Zwischenspiels über den Versuch einer offenen Ehe ist das Thema freilich aktuell wie eh und je.

Für Amadeus und Cäcilie, seit sieben Jahren verheiratet und Eltern einer Tochter, sind Freiräume nichts Neues. Sie eine gefeierte Opernsängerin, er ein aufstrebender Komponist - man sieht sich von Haus aus wenig. Das Verlangen nach außerehelichen Aktivitäten treibt die beiden zu einem Arrangement: Sie wollen sich künftig Seitensprünge erlauben, solange nur keiner etwas verschweigt und man - erraten - Freunde bleibt.

Das kann natürlich nicht gut gehen. Beim Wiedersehen am Ende eines langen Sommers kehren zwei veränderte Menschen zurück. Er hat seine Abenteuer zwar genossen, geriert sich ihr gegenüber aber wie ein eifersüchtiger Gockel, sie hat an der neuen Freiheit noch mehr Gefallen gefunden und will sich nicht mehr einengen lassen. Der Versuch ist missglückt, am Ende steht die Trennung der Eheleute.

Während Jürgen Maurer den ganzen Abend wacker mit dem eher einfältigen Charakter seines Amadeus ringt, spielt Regina Fritsch mit der sich emanzipierenden Cäcilie den interessantesten Part in Schnitzlers thematisch reizvollem, auf der Bühne mitunter aber recht langatmigem Stück. Sie nimmt ihn erfreulicherweise nicht als Einladung für eine Galavorstellung.

Fritsch legt ihre Rolle nuancenreich, wiewohl kontrolliert an, was man von den überdrehten Darbietungen der anderen weiblichen Darstellerinnen (Tamara Metelka, Stefanie Dvorak) nicht behaupten kann, und ist überhaupt einer der wenigen Lichtblicke in diesem sommerlichen Zwischenspiel einer Burgtheater-Abordnung in Reichenau. Dass die Beleuchtung am Premierenabend aufgrund technischer Probleme zwei Akte lang nicht nur die Bühne, sondern den ganzen Saal erhellte, änderte daran auch nichts.

Bernd Birkhahn hat zum ersten Mal Regie geführt und sich für eine von übertriebenem Respekt geprägte, fast lückenlos Schnitzlers Text folgende Nicht-Inszenierung entschieden. Vielleicht lässt sich diese Komödie, die in Wahrheit eine Tragödie ist, auch gar nicht restlos zufrieden stellend auf die Bühne bringen. Man hätte es jedoch immerhin versuchen können. (Sebastian Fasthuber/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11. 7. 2005)