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Nimmt den bisher nicht wirklich wirkungs-vollen Kampf ihrer Vorgänger gegen überhöhte Handy-Tarife im Ausland wieder auf: Die aus Luxemburg stammende EU-Kommissarin Viviane Reding.

Foto: Reuters/THIERRY ROGE
STANDARD: Warum nimmt sich die EU-Kommission des Themas Roaminggebühren bei Handys gerade jetzt an?

Reding: Der Urlaub beginnt. 32 Prozent der Österreicher fahren im Sommer ins europäische Ausland, ein Großteil von ihnen telefoniert per Mobiltelefon mit zu Hause. Die Preise für das Auslandsroaming, für mobiltelefonieren von einem Mitgliedstaat in den anderen, sind allerdings nach wie vor sehr, sehr hoch.

Viele Bürger wissen nicht, was da auf sie zukommt, wenn sie nach dem Urlaub die Rechnung präsentiert bekommen. Deshalb meine Warnung an den Verbraucher: Wer im Ausland mobiltelefoniert, riskiert hohe Gebühren.

STANDARD: Ist das ein Frontalangriff gegen die Netzbetreiber in der EU?

Reding: Es darf und muss natürlich etwas kosten, wenn ein Mobilfunk-Netzbetreiber in einem Land mit einem Netzbetreiber in einem anderen Land Verträge macht, um dessen Netze für Gespräche seiner Kunden nutzen zu können.

Selbstverständlich muss diese Serviceleistung bezahlt werden. Aber die Preise, die der Verbraucher dafür bezahlen muss, sind überproportional hoch und in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich.

STANDARD: Welche Preisspannen gibt es?

Reding: Wenn Sie von Finnland nach Zypern mit einem finnischen Mobilfunkvertrag telefonieren, dann kostet das 58 Cent, von Malta nach Polen mit einem polnischen Mobilfunkvertrag fünf Euro. Das sind natürlich Extreme, Österreich liegt nach unseren ersten Erkenntnissen irgendwo in der Mitte.

Die Transparenz für den Verbraucher ist gleich null, denn der Reisende wird nicht im Vorhinein über die Kosten informiert. Selbst wenn man sein Telefon ausgeschaltet hat und nur die Mobilbox funktioniert, entstehen Auslandsroaming-Kosten.

STANDARD: Wie kann die EU-Kommission in dem Bereich dagegen vorgehen?

Reding: Zuerst möchte ich warnen: Wenn die Industrie nicht so schnell wie möglich für Verbraucher nachvollziehbare Tarifstrukturen vorgibt, dann bleibt das Auslandsroaming ein Ärgernis, statt eine sinnvolle Dienstleistung zu sein. Dem können wir auf Dauer nicht tatenlos zusehen.

STANDARD: Was heißt das?

Reding: Im Wettbewerbsbereich kontrolliert die EU-Kommission zurzeit in einigen Verfahren, ob es in der Vergangenheit einen Missbrauch marktbeherrschender Stellungen gab. In der meiner Verantwortung unterstehenden Telekom-Regulierung steht die Frage an: Was können wir zur Verbesserung der Marktsituation in der Zukunft machen?

In enger Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Behörden wie der TelekomregulierungsgesmbH in Österreich analysieren meine Dienststellen, was in den einzelnen Märkten geschieht.

Im Dezember 2004 haben die nationalen Regulierer, die in der Gruppe der europäischen Regulierer zusammengeschlossen sind, eine Analyse der Großkundenpreise begonnen. Sie sind jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass die Preise für Auslandsroaming europaweit sehr hoch sind, ohne dass es dafür klare Rechtfertigungsgründe gibt.

STANDARD: Welche Konsequenzen zieht die EU-Kommission nun daraus?

Reding: Wir stimmen jetzt mit den 25 nationalen Regulierern ab, was in den einzelnen EU-Staaten zu machen ist. Jetzt muss jeder schauen, was auf seinem Markt zu tun ist, denn die einzelnen Märkte sind noch sehr unterschiedlich.

Bis Jahresende werde ich wissen, was gemacht werden muss. Ich warte mit Spannung auf die Vorschläge der nationalen Telekom-Regulierer.

STANDARD: Wie kann man die Transparenz in Preisfragen für Telefonkunden erreichen?

Reding: Ich will ab Oktober eine spezielle Website der Kommission einrichten: "Kommunikation ohne Grenzen". Der Status der internationalen Roamingpreise soll erhoben und dort präsentiert werden, um dem Kunden zu zeigen, was los ist.

Denn heute sind die Kunden meist im Preisdschungel verloren. Wir haben schon gesehen, dass solche Transparenzinitiativen in anderen Bereichen einen relativ großen Effekt haben, etwa durch die Vergleichsmöglichkeit von Autopreisen.

Man muss nicht immer gleich regulieren. Ich bin nicht die Kommissarin, die gleich mit dem Holzhammer kommt. Ich vertraue darauf, dass der Markt dieses Problem mit etwas Nachhilfe von selbst lösen wird.

STANDARD: Was ist, wenn nichts geschieht?

Reding: Dann gibt es einige Beispiele, wie es gehen könnte. Erinnern Sie sich an die Gebühren für Auslandsüberweisungen bei Banken? Da hat die Kommission jahrelang vergeblich Änderungen gefordert, bis am Ende europäische Regulierungsmaßnahmen getroffen werden mussten. Es muss aber beim Auslandsroaming nicht so weit kommen.

STANDARD: Aber Sie wollen es nicht ausschließen?

Reding: Ich bin zuversichtlich, dass die europäische Mobilfunkindustrie angesichts der vereinten Anstrengungen der Regulierer und der Kommission und des Ärgers in der Bevölkerung über die hohen Roaminggebühren etwas unternehmen wird, und ich registriere bereits erste Bewegungen in diese Richtung.

Am Ende kann es nicht im Interesse der Mobilfunkbranche sein, dass die Kunden ihr Handy im Urlaub im Ausland lieber ausschalten, um Roaminggebühren zu sparen, anstatt zu telefonieren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.07.2005)