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Claude Simon auf einem Archivbild aus dem Jahr 1986.

Foto: APA/dpa/Lehtikuva Oy
Paris - Der französische Literatur-Nobelpreisträger Claude Simon ist tot. Der aus Madagaskar stammende Simon, Vertreter der Literaturrichtung "nouveau roman", starb 91-jährig bereits am vergangenen Mittwoch in Paris, teilte sein Verlag am Samstag mit. Simon zählt mit "Das Seil", "Der Wind", "Der Palast", "Das Haar der Berenike" und "Die Akazie" zu den bedeutendsten Autoren der französischen Gegenwartsliteratur. Seine rund 20 Romane gehören zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt.

In Simons jüngstem Roman, der 2002 unter dem Titel "Die Trambahn" auf Deutsch erschien, wird eine einfache Fahrt durch Perpignan zu einer Allegorie des Lebenswegs zwischen Entbindungsstation und Leichenhaus. In dem Buch beschrieb Simon seine Kindheitstage in Perpignan und einen Krankenhausaufenthalt. Als sein Hauptwerk gilt "Histoire" (1967, Geschichte), die Beschreibung eines ganz gewöhnlichen Tages eines jungen Mannes.

1913 in Madagaskar geboren

Der am 10. Oktober 1913 in Tananarive auf Madagaskar geborene Simon hat in seinen Romanen vielfach leidvolle Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg verarbeitet. Auf Deutsch erschienen auch "Der Wind" (1957), "Die Straße in Flandern" (1960) und "Der Palast" (1966). Seinen Werken fehlt oft eine chronologische Handlung, lange Passagen bestehen aus inneren Monologen und Beschreibungen.

Simons Bilder- und Sprachenwelt ist voller Klarheit, Schärfe und Überfülle. Simon wollte seinen Romanen nicht mehr die Rolle geben "etwas zu erklären, sondern zu zeigen" und "nichts auszudrücken, sondern zu entdecken". In ihnen sind Erinnerungen und Visionen miteinander verwoben. Dabei kehrte der Autor sich radikal ab von traditioneller Handlung, einem Helden, erklärender Psychologie und chronologischer Zeitfolge. Mit all dem wurde Simon ein typischer Vertreter des "nouveau roman", einer zu Beginn der 50er Jahre von Kritiker Roland Barthes so benannten Richtung der französischen Literatur, die Alain Robbe-Grillet dann zum literarischen Markennamen prägte.

1985 Nobelpreis für Literatur

Die Schwedische Akademie, die Simon 1985 mit dem Nobelpreis für Literatur auszeichnete, würdigte ihn als einen Künstler, der "in seinen Romanen das Schaffen eines Dichters und Malers mit vertieftem Zeitbewusstsein vereint in der Schilderung menschlicher Grundbedingungen". (APA/dpa)