Warschau - In Polen wirft ein Schiedsrichterskandal einen langen Schatten auf den Fußball. Mehrere Referees, Spielbeobachter und Verbandsfunktionäre wurden bereits festgenommen, die Polizei hat weitere Festnahmen angekündigt.

Vor allem in Breslau werden seit Monaten auf dem Polizeipräsidium Spielberichte auf Ungereimtheiten analysiert und verdächtige Spielabläufe geprüft. Ende Mai hatte hier die Verhaftung eines Schiedsrichters die Angelegenheit einer weiteren Öffentlichkeit zu Bewußtsein gebracht, in dieser Woche machten drei neue Festnahmen Schlagzeilen über die niederschlesische Metropole hinaus.

Zwei Schiedsrichter und ein Spielbeobachter des polnischen Fußballverbandes PZPN sollen gegen ein Schmiergeld von jeweils 7.000 Zloty (1.703 Euro) Ergebnisse manipuliert haben. In anderen Spielen sollen wesentlich höhere Summen im Spiel gewesen sein.

"Ich gebe zu, ich habe keine Ahnung, wie viele Leute von unserer Liste schon bald hinter Gittern sitzen", seufzte Andrzej Strejlau, Leiter des Schiedsrichterkollegiums des PZPN. Längst wird nicht nur in Breslau, sondern auch in Kattowitz und anderen Städten ermittelt.

Ethik-Kommission

Der Fußballverband hat Ende Mai unter dem Eindruck des Skandals seine Regeln für Schiedsrichter verschärft. So wurde eine Ethik-Kommission für Schiedsrichter eingerichtet, außerdem dürfen Vereinsfunktionäre nicht mehr als Schiedsrichter antreten. Doch Kritiker werfen dem Verband Halbherzigkeit bei den Reformen vor.

So reagierte der PZPN nicht auf die Vorwürfe zweier Spieler, die einem heute führenden Schiedsrichter vorwarfen, vor elf Jahren - damals noch in der vierten Liga - Schmiergelder angenommen zu haben. "Was sollen wir tun? Das sind nur Verdächtigungen. Beweise gibt es nicht", meinte Strejlau. Er fürchtet vor allem um das Klima in der Liga. Jede Fehlentscheidung der Unparteiischen werde Aggressionen auf den Tribünen hervorrufen - von Verdächtigungen ganz zu schweigen.

Ein bedeutender Teil der Schiedsrichter, die bei den Erstliga-Spielen der kommenden Saison pfeifen sollen, seien nicht nur den Fußballfreunden, sondern mittlerweile auch der Staatsanwaltschaft wohl bekannt, berichtete die Zeitung "Super Express" süffisant. Doch das Blatt präsentierte einen eigenen Vorschlag für neues Vertrauen in einen sauberen Fußball: "Nehmen wir ausländische Schiedsrichter, etwa aus dem neutralen Schweden - die sind ehrlich!" (APA/dpa)