Wien - Der Nationalrat hat Donnerstag Abend das so genannte Anerkennungspaket beschlossen, das für Verfolgte der NS-Zeit und so genannte "Trümmerfrauen" finanzielle Zuwendungen bringt. Weiters wird nochmals klar gestellt, dass die in der Nazi-Zeit gefällten Urteile gegen Österreicher nichtig sind. Die Grüne Justizsprecherin Terezija Stoisits und ihr SP-Kollege Hannes Jarolim begründeten das Nein ihrer Fraktionen zum größeren Teil des Gesetzespakets damit, dass Wehrmachtsdeserteure im Gegensatz zu anderen Opfergruppen nicht namentlich erwähnt werden.

Durch die heutige Gesetzesänderung erhalten künftig Personen Anspruch auf Leistungen nach dem Opferfürsorgegesetz, die wegen ihrer sexuellen Orientierung und wegen des Vorwurfs der "Asozialität" verfolgt bzw. Opfer medizinischer Versuche wurden. Widerstandskämpfern und politisch von den Nazis Verfolgten sowie deren Hinterbliebenen werden gestaffelte Einmalzahlungen zwischen 500 und 1.000 Euro zugestanden.

Stoisits' getrübte Freude

Ähnliche Prämien von 300 Euro gibt es für Frauen, die vor dem 1. Jänner 1951 mindestens ein Kind in Österreich zur Welt gebracht oder erzogen haben (die ursprüngliche geplante Voraussetzung, dass Frauen auch vor dem Jahr 1931 geboren sein mussten, wurde mittels Abänderungsantrag gestrichen). Von der Zuwendung ausgenommen bleiben Frauen, deren Verhalten "in Wort oder Tat mit den Gedanken und Zielen eines freien, demokratischen Österreich unvereinbar war". Weitere Voraussetzung ist ein niedriges Einkommen, etwa eine Mindestpension.

Stoisits zeigte sich grundsätzlich erfreut, dass nun entsprechende Maßnahmen gesetzt würden. Ihre Freude trübe aber, dass eine klare Differenzierung zwischen Opfern des Nationalsozialismus auf der einen Seite und Opfern des Kriegs auf der anderen Seite fehle. Sie wolle "kein Opferamalgam". Am meisten bewege sie aber, dass die Rehabilitierung von Opfern der NS-Zeit vollzogen werde, ohne die Wehrmachtsdeserteure explizit zu nennen: "Nicht mit mir und nicht mit uns", bekräftigte sie das Nein der Grünen.

Die selbe Argumentation führte Jarolim an. Dass man die Deserteure hier nicht explizit erwähne, halte er für einen Schandfleck und für unverantwortlich. Letztlich würden nun scheinheilige Lösungen gefunden.

Justizministerin Karin Miklautsch (B) bedauerte ihrerseits, dass Opfer der Unrechtsjustiz "und insbesondere auch die Wehrmachtsdeserteure" bis heute nicht entsprechend anerkannt wurden und mit einem Stigma belastet seien. Mit der Novellierung werde nun nochmals zweifelsfrei festgestellt, dass die Urteile der NS-Zeit keine Gültigkeit hätten. Ihr BZÖ-Kollege Herbert Haupt betonte, dass die Deserteure von der Regelung voll erfasst seien. Auch andere Gruppen wie die Zeugen Jehovas seien nicht namentlich erwähnt.

VP-Justizsprecherin Maria Fekter meinte, wissenschaftlich sei eine Trennung zwischen Opfergruppen gerechtfertigt. Nicht gerechtfertigt sei es aber, 60 Jahre nach dem Krieg einzelnen Opfergruppen die Achtung zu verweigern oder zwischen ihnen zu trennen.

Sozialministerin Ursula Haubner (B) erklärte, die heutigen Regelungen seien ein Zeichen des Mitgefühls für die Opfer des Krieges. Ihr besonderer Dank gelte jenen, die im Widerstand unter höchster Lebensgefahr für die Wiederrichtung eines freien demokratischen Österreich gekämpft hätten. Hervorgehoben wurde von ihr speziell die Zuwendung für "Trümmerfrauen". (APA)