Washington - Mit dem Start der Raumfähre "Discovery" steht nicht nur das Prestige der US-Raumfahrtbehörde NASA auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft des bemannten Raumfahrtprogramms der USA. Mehr als zweieinhalb Jahre nach der "Columbia"-Tragödie, bei der alle sieben Astronauten ums Leben kamen, startet am 13. Juli um 21.51 Uhr (MESZ) erstmals wieder vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) ein Spaceshuttle mit sieben Astronauten an Bord.

Vom Erfolg des zwölftägigen Weltraumeinsatzes hängt unter anderem ab, ob im September der deutsche Astronaut Thomas Reiter zur Internationalen Raumstation ISS fliegen und dort als erster Europäer einen Langzeitaufenthalt absolvieren wird. Mit einem Erfolg steht oder fällt aber auch der weitere Ausbau der ISS, der längst überfällige Einbau des europäischen Raumlabors "Columbus" und das weitere Schicksal des alternden Weltraumteleskops "Hubble".

Eigentlich wollte die NASA schon im Vorjahr wieder zur bemannten Raumfahrt zurückkehren, aber die Umsetzung der 29 Empfehlungen und Sicherheitsauflagen einer unabhängigen Kommission erwies sich weitaus schwieriger als erwartet.

Länge

Zwölf Tage soll der Weltraumeinsatz der siebenköpfigen Besatzung unter Kommandantin Eileen Collins dauern. Es ist der 114. Flug eines Spaceshuttles und der 31. der "Discovery" seit ihrem Erstflug vor zwei Jahrzehnten am 30. August 1984.

Die NASA-Astronauten sollen unter anderem den lang erwarteten Nachschub sowie Ersatzteile zur Internationalen Raumstation ISS bringen. Nach den Worten von NASA-Direktor Michael Griffin handelt es sich um einen Testflug. Dabei sollen erstmals neue Techniken für die Ortung von Schäden am Shuttle getestet werden. Aber eine Reparatur des Hitzeschilds im Weltall überschreitet nach seinen Worten die derzeit vorhandenen Technologien.

Sollte wirklich ein lebensbedrohlicher Defekt die Rückkehr der "Discovery" zur Erde verhindern, dann warten die sieben Astronauten an Bord der ISS, bis sie später von der Raumfähre "Atlantis" sicher nach Hause gebracht werden können.

Neues Raumfahrtprogramm

Griffin hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass Flüge zur ISS nicht den alleinigen Sinn des bemannten Raumfahrtprogramms der USA ausmachen dürfen. Der neue NASA-Direktor ist die Personifizierung der Raumfahrtvision von US-Präsident George W. Bush, wonach Astronauten bis zum Jahr 2020 zu Flügen zum Mond und zum Nachbarplaneten Mars aufbrechen sollen. In den Spaceshuttle-Flüge sieht Griffin eine ideale Vorbereitung für das neue Raumfahrtprogramm.

Zwar will die NASA allen internationalen Verpflichtungen zum Ausbau der ISS nachkommen, aber ob nach der zweieinhalbjährigen Flugpause der vorgesehene Zeitraum bis 2010 eingehalten werden kann, steht in den Sternen. Griffin lässt keinen Zweifel daran, dass die NASA auf keinen Fall ihre geplanten 28 Shuttle-Flüge zur ISS schafft, wenn die Raumfähren-Flotte - wie vorgesehen - in fünfeinhalb Jahren ausgemustert wird. Zu den Flügen zum Mond und Mars will die NASA mit einem Nachfolgemodell des Shuttles aufbrechen.

"Hubble"

Mit einem Erfolg der "Discovery" entscheidet sich auch das weitere Schicksal des alternden und von technischen Macken befallenen Weltraumteleskops "Hubble". Geht alles gut, wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine Reparatur-Crew ins Weltall aufbrechen. Die Gyroskope und die Batterie müssen erneuert werden, damit "Hubble" 600 Kilometer über der Erde Kurs hält. Geschieht dies nicht, wird das 15 Jahre alte Teleskop nach NASA-Angaben irgendwann ab 2007 das letzte Signal zur Erde senden. (APA/dpa)