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Die Nachbildung von Ötzis Schuhen

Foto: AP/Petr David Josek
Innsbruck/Zlin - Gefüttert mit Heu und zusammengehalten von einem Netz aus groben Schnüren sehen die Lederschuhe unförmig, kratzig und regelrecht unbequem aus. Diesem Eindruck widerspricht der tschechische Schuhfachmann Petr Hlavacek aber energisch. Er hat Nachbildungen der Schuhe von Ötzi, der vor 5.300 Jahren in den Alpen starb, angefertigt und ausprobiert.

"Diese Schuhe sind sehr bequem. Sie schützen die Füße perfekt vor Hitze, Kälte und hartem Untergrund", sagt Hlavacek, als er die Nachbildungen in seinem Büro an der Tomas Bata Universität in Zlin vorstellt. Trotz ihrer dünnen Ledersohlen boten die Schuhe einen guten Halt, hervorragende Stoßdämpfung und vermieden Blasenbildung, sagte Hlavacek. Es sei wie barfuß laufen, "nur besser".

Eignung für trockenes Gelände

Walter Leitner, der Tiroler Ötzi-Forscher und Leiter des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, geht davon aus, dass die Schuhe zur Zeit Ötzis an sich "gutes Schuhwerk" waren. Für die Verhältnisse, in denen sich Ötzi fortbewegt hat - nämlich Eis und felsiges Gelände - dürften sie allerdings nicht tauglich gewesen sein. "Auf einem Schneefeld rutscht man damit aus", sagte Leitner. Die Schuhe würden sich auf Grund ihrer glatten Ledersohle eher für trockenes Gelände eignen.

Konträre Meinung

Die Tschechen sind da anderer Meinung: Hlavacek und sein Team haben mehrere Nachbildungen der Schuhe hergestellt und auf einer zweitägigen Wanderung in den Alpen nahe Ötzis Fundort ausprobiert. Die Bedingungen schienen mit Schnee und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zunächst nicht ideal. Doch auch für den tschechischen Bergsteiger Vaclav Patek, der selbst eine Firma für Bergschuhe hat und sich an dem Experiment beteiligte, waren die Schuhe eine angenehme Überraschung. Er könne sich sogar vorstellen, die höchsten Berge in Europa mit den Ötzi-Schuhen zu bezwingen, sagt Patek.

In wissenschaftlichen Tests, die Hlavacek unternahm, schnitten die Nachbildungen in vielen Kategorien besser ab als modernes Schuhwerk. Dennoch trägt der Experte selbst keine Ötzi-Schuhe und glaubt auch nicht an deren kommerziellen Erfolg. Es sei schwierig, die Schuhe anzuziehen, und das Heu müsse regelmäßig erneuert werden. "Stellen sie sich nur mal vor, mit diesen Schuhen zum Bahnhof zu gehen", sagte er. "Das Hauptproblem ist die Mode."

Materialien

Dozent Vaclav Gresak aus Zlin beschreibt, welchen Aufgaben sich die Wissenschafter gegenüber sahen. So habe man die Materialien bestimmen müssen. Die Schnur des Netzes war aus einzelnen dünnen Fasern von Baumrinde gefertigt. Test ergaben, dass es sich bei den verwendeten Ledersorten um Kalb-, Hirsch- und Bärenleder handelte. Das Team musste eine Methode finden, das Leder auf eine Weise zu gerben, die auch Ötzi bekannt gewesen sein könnte. Pflanzliche Fette wurden ohne Erfolg ausprobiert, ebenso wie Fett, das aus Knochenmark gewonnen wurde.

Gresak stieß auf eine alte Anleitung zum Gerben, die von amerikanischen Indianern stammte. Daraufhin kochte er Schweinesleber und fügte rohes Schweinshirn hinzu. "Es roch furchtbar und zog viele Fliegen an", erinnert sich Gresak. Aber es funktionierte. Schließlich wurde auch eine Grassorte gefunden, die lang, weich, elastisch und damit geeignet für Ötzis Schuhe war. (APA/AP)