Die große Zahl von Ratgebern darüber, was man gelesen haben muss, ist fürs Erste einmal abgerissen. Mit Hubert Winkels versucht sich nun jemand mit völlig anderen Mitteln und Zielen an einem neuen literarischen Kanon. In Gute Zeichen (Kiepenheuer&Witsch, 400 Seiten, 25,60 €) wird Lektüre ans Herz gelegt, nicht verordnet, und es steht nicht das Vergangene im Mittelpunkt, sondern die Literatur der Gegenwart bzw. der letzten zehn Jahre. Kontroversiell ist an Winkels' Unternehmung sicher, dass viele zuletzt in den höchsten Tönen gelobte Autorinnen und Autoren hier nicht vorkommen. Es geht dem Kritiker vielmehr darum, zu wenig beachteten Büchern und literarischen Positionen ein Forum zu bieten. Tatsächlich lässt sich in Gute Zeichen manche Entdeckung machen: Etwa der in L. A. lebende Filmkritiker Patrick Roth, der in seinen literarischen Veröffentlichungen wie dem Erzählband Starlite Terrace virtuos Bilder eines anderen Hollywood beschwört. (fasth/DER STANDARD, Printausgabe, 06.07.2005)