Solche Menschen laufen einem in Südafrika ständig über den Weg. Oder man stolpert über sie. Zum Beispiel bei einer Degustation bei Spier, einem der traditionsreichsten Weingüter des Landes, das mit 300 Jahren fast so alt ist wie die Besiedlung durch die Holländer. Spier liegt nahe der alten Buren- und Universitätsstadt Stellenbosch, eine halbe Autostunde östlich von Kapstadt.

Marc zelebriert seinen Auftritt. Mutter Russin, Vater Franzose. Marc spricht sieben Sprachen (darunter Schwyzerdütsch), arbeitet sieben Tage in der Woche (sagt er) und kredenzt uns sieben Weine. Darunter einen - den einzigen - authentischen Südafrikaner: Pinotage, eine Kreuzung aus Pinot Noir und Hermitage, gezüchtet 1926, erstmals gekeltert 1960. Marc bemüht seinen deutschen Sprachschatz: rauchig, würzig, mit Körper, aber vielleicht etwas kurz im Abgang.

So wie er sich bewegt, intoniert und gestikuliert, ist Marc ein Gesamtkunstwerk. Und genügt damit durchaus dem Anspruch des Hauses. Auf dem Flaschenetikett steht vor dem Namen eine römische Vier: für guten Wein, gutes Essen, erlesene Kunst und schöne Musik. Denn bei Spier kann man auch speisen, Ausstellungen besuchen und Konzerte hören.

Auf den Bouteillen aber liest man den Hausnamen in englischer Transkription: Spear. Und das mag symptomatisch sein für eine allgemeine Tendenz im Land seit dem Ende der Apartheid, der Rassentrennungspolitik, vor sechs Jahren. Afrikaans, die Sprache der Buren und einstigen weißen Herrscher, befindet sich in der Defensive. Offiziell hat Südafrika seit 1994 elf gleichberechtigte Sprachen, darunter jene der größten schwarzen Stämme, der Xhosa und Zulu. De facto dominiert das Englische mehr denn je.

Dennoch bleibt die Region um das Kap der Guten Hoffnung (heute als West-Kap eine der neun Provinzen des Landes) von der Kultur der Buren (Bauern) geprägt. 1652 errichteten die Holländer dort ihren ersten Stützpunkt für vorbeisegelnde Schiffe. An der vor einigen Jahren restaurierten Waterfront von Kapstadt ist von der damaligen Pionierzeit noch ein wenig zu erahnen. Heute beherrschen allerdings Shopping Malls, Boutiquen, Restaurants und Hotels die Szene.

Ein Hubschrauber-Rundflug, ab 400 Rand (öS 920/EURO 66,9) pro Person wohlfeil und unbedingt zu empfehlen, erschließt die ganze Ausdehnung der Stadt zwischen Table Bay und False Bay und ihren Wurmfortsatz mit dem Kap der Guten Hoffnung, dem südwestlichsten Punkt Afrikas. Wenn der Tafelberg unter der Glaskuppel des Helikopters scharf abreißt, ist man zunächst mit der Magengrube beschäftigt, ehe der Blick über die Teufelsspitze hinunter zum Hafen und weiter zum Signalhügel gleitet, wo noch immer jeden Mittag die Kanone abgefeuert wird.

Von Kapstadt aus lässt sich die Provinz nach individuellen Vorlieben erkunden. Wer Naturerlebnisse bevorzugt - etwa eine Begegnung mit der vieltausendköpfigen Seehundkolonie auf Diukers Island in der Hout Bay oder den kleinen afrikanischen Pinguinen auf einem Strand bei Simonstown -, ist mit einer Kaprundfahrt bestens bedient. Nicht auslassen: ein Fischessen im "Black Marlin" in Milner's Point (False Bay).

Landeinwärts locken die Weingebiete, wo jetzt, im südafrikanischen Herbst, gerade die Lese beginnt. Reizende Hotels im typischen Cottage-Stil, mit Schilf gedeckt, machen die Etappenplanung leicht.

In einem ganz besonderen Tal ist eine Ernte schon vorbei - und eine andere viel versprechend. Das Hex River Valley verbindet afrikanische und Afrikaans-, also burische Kultur auf symbolhafte Weise. Seit Generationen werden hier Tafeltrauben angebaut und nach Europa und den USA exportiert. Die Felszeichnungen, die man am Talrand entdeckt hat, sind allerdings ein bisschen älter: geschätzte 7000 Jahre. In kompetent geführten Touren macht Hobby-Ethnologin Louise Brodie (ochre@kingdom.co.za) mit den Bräuchen und Riten der Ureinwohner vertraut. Es ist eines von vielen Beispielen für den sympathischen sanften Tourismus, der der "guten Hoffnung" am Kap eine neue Bedeutung hinzu fügt. (Der Standard, Printausgabe)