Müller: Nach dem Vorschlag des Europäischen Rates bekämen 30.000 bereits erteilte Patente eine gesetzliche Grundlage. Die Patentinhaber könnten dann von jedem Abgaben in beliebiger Höhe verlangen, der diese Patente verletzt. So gibt es beispielsweise ein Patent auf das im JPEG-Bildformat verwendete Komprimierungsverfahren. Die Patentinhaberin streitet in den USA mit 44 Firmen um Lizenzzahlungen aus diesem Patent. Im letzten halben Jahr wurden so 1,5 Millionen Dollar eingenommen.
STANDARD: Wieso soll der, der etwas entwickelt, nicht auch Geld damit verdienen dürfen?
Müller: Der Inhaber eines Patents hat längst nicht immer eine Softwarelösung entwickelt. Im Gegenteil: Patentanwälte sind prädestiniert, Patente zu beantragen und Lizenzen daraus einzuklagen - auch von denen, die letztlich die entsprechenden Lösungen entwickeln. Im Fall des JPEG-Patents klagen derzeit 24 Firmen - darunter auch IBM oder HP. Das Ergebnis: Ein einziges Patent stiftet erhebliche Verunsicherung in allen Wirtschaftsbereichen. Nach dem Ratsvorschlag kann die Patentinhaberin jeden Softwareentwickler belangen, der die JPEG-Kompression in seine Anwendung implementiert, aber genauso jede Firma, jedes Fotoalbum im Internet abmahnen, die die Bilder in diesem Format speichern. Kleine Firmen werden sofort in den Ruin getrieben, große Firmen werden riesige Patentabteilungen vorhalten müssen, um dem begegnen zu können.
STANDARD: Wer ist davon in Europa und Österreich betroffen?