Wien - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel verteidigt das "europäische Modell" als Verbindung von "Freiheit" und "sozialer Gesinnung". Gleichzeitig kritisierte Schüssel, dass der Eindruck bestehe, zwischen den wichtigsten europäischen Politikern herrschten nur "Zank und Hader". Namentlich nannte Schüssel dabei den britischen Premier Tony Blair, den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und den französischen Präsidenten Jacques Chirac.

"Wenn der Eindruck da ist, dass Blair, Chirac und Schröder nicht miteinander können, dann tut das dem Projekt Europa nicht gut", so der Bundeskanzler am Montagabend bei der Diskussion um den soeben erschienenen "Wirtschaftsbericht 2005" der österreichischen Bundesregierung in Wien.

"Drei Wahnsinnsprojekte"

Nachdem in hohem Tempo "drei Wahnsinnsprojekte" durchgeführt worden waren, nämlich die Euro-Einführung, die EU-Erweiterung um zehn Länder und die Entwicklung einer europäischen Verfassung, und auf diesem Weg viele Menschen verloren gegangen seien, gelte es nun zwar innezuhalten, aber keine Pause zu machen. "Wenn wir nicht die Bevölkerung in allen Ländern gewinnen können, haben wir das Projekt Europa verloren", sagte Schüssel.

Das "Geheimnis des europäischen Modells" sei immer eine Balance verschiedener Modelle gewesen, betonte der Kanzler. Die Europäer wollten ein anderes Modell als das amerikanische, nämlich ein Europa mit sozialen Mindeststandards, grenzte er die europäische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gegenüber den USA ab. Auch der Beitrag der Unternehmer zum europäischen Sozialmodell sei wichtig, unterstrich der Kanzler vor dem im Designcenter im Wiener Museumsquartier versammelten Spitzen aus der österreichischen Wirtschaft und Politik.

Gegenüberstellung von "schwarz-weiß"

Österreich werde versuchen, in seiner EU-Präsidentschaft dieses Denken von "sowohl - als auch" und nicht eine Gegenüberstellung von "schwarz-weiß" einzubringen, sagte Schüssel. Österreich wolle auch "Mut zur Größe" in Europa machen. Es gehe darum, Europa zum gemeinsamen Projekt aller 25 Staaten zu machen. "Europa darf nicht zum Sündenbock werden", appellierte der Kanzler um mehr Europa-Gesinnung und bat abschließend die Zuhörer, "Reden Sie gut über Europa".

Obwohl auch in prominenten deutschen Medien (z.B: "Stern") die österreichische Wirtschaftspolitik im Vergleich mit der deutschen wiederholt besonders herausgestrichen wurde, will Schüssel diese Vergleiche nicht mehr in den Mund nehmen, wie er heute versicherte: "Wenn es Deutschland gut geht, geht es uns auch gut. Denn Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner." (APA)