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Bild: apa/EPA/TIM DE WAELE

Natürlich hat sich Martin Schindl auch darüber Gedanken gemacht: dass man mit dem Hometrainer über das Web sehr nette Radrennen veranstalten könnte, nämlich. Aber damit, meint der Wiener Arzt, würde er genau jene Zielgruppe nicht erreichen, um die es ihm geht: Menschen, die sich nicht oder kaum bewegen. Und da vor allem Jugendliche, die sich in dem Teufelskreis aus falscher Ernährung und Nichtbewegung, Ausgrenzung durch andere, Rückzug ins Computerkammerl und daraus resultierender Noch-weniger-Bewegung befinden.

Hometrainer

Darum, erklärt der Gesundheits- und Sportmediziner, habe er vergangenen Herbst sofort gespürt, "dass das das Richtige ist": Schindl, der in seiner Praxisgemeinschaft in der Wiener Schreyvogelgasse ( richtig-schlank.at) auf Ernährungsmedizin, gesundes Abnehmen und Sportmedizin spezialisiert ist, hörte in einem Vortrag eines deutschen, auf die Behandlung adipöser (fettsüchtiger, Anm.) Jugendlicher spezialisierten Kollegen vom "Web-Bike" - einem auf den ersten Blick stinknormalen Hometrainer.

Biker-Avatare

Allerdings hängt das Gerät über ein Kabel am Rechner - und der im Netz. Und wie zum Chat treffen einander Web-Biker zu Radtouren: Biker-Avatare strampeln dann - nach Tempo gestaffelt - durch ein Landschaftsvideo. Am Bildschirmrand werden Trittfrequenz, Geschwindigkeit und Kreislaufdaten eingeblendet - und wer will, zeigt sich den fremden Freunden auch "echt". Via Webcam. Nur "ausreißen" geht nicht: Mehr als am Schirm einen kleinen Avatar-Vorsprung zu zeigen würde die Serverleistung überfordern. "Aber darum", erklärt Martin Schindl, "geht es dieser Zielgruppe ohnehin nicht."

"Aktivieren"

Das Ziel heiße schlicht "aktivieren" - und das gelte nicht nur für über das Netz zur Bewegung geköderte Jugendliche: Auch Erwachsene, die sich - sei es aus Zeitgründen oder gar, weil es da ästhetische Hemmschwellen (den Teufelskreis) gibt - zum Sport weder ins Fitnesscenter noch auf die Straße wagen, können unter ärztlicher Kontrolle trainieren: Alle Trainingsdaten landen am Rechner des Trainers/Mediziners - und auch die Wirbelstrombremse, also der Widerstand beim Treten, lässt sich online regeln.

Freilich, betont Schindl, könne das Ziel des Arztes nicht sein, seine Patienten auf Dauer im Zimmer zu halten: Irgendwann soll jeder hinaus. In die echte Welt. Aber wenn das Sporteln dort Spaß macht, kann man über den nächsten Schritt nachdenken. Zum Beispiel über Wettfahrten. Eventuell auch online. (Der Standard, 1. Juli 2005, Rondo, Thomas Rottenberg)