Berlin - Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) stellt am Freitag mit der Vertrauensfrage die Weichen für Neuwahlen. Im September soll sich das Schicksal der seit 1998 regierenden Koalition von Sozialdemokraten und Grünen entscheiden. Das Auf und Ab von Rot-Grün in den vergangenen sieben Jahren:
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  • 1998: Bei der Bundestagswahl am 27. September 1998 erringen SPD und Grüne die Mehrheit und lösen nach 16 Jahren die schwarz-gelbe CDU/CSU-FDP-Koalition unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) ab. Gerhard Schröder wird Bundeskanzler, Joschka Fischer Außenminister und Vizekanzler für die Grünen, der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine übernimmt das Finanzressort.

  • 1999: Bei der ersten Landtagswahl nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl muss Rot-Grün Anfang Februar in Hessen bereits die erste Niederlage einstecken: SPD und Grüne werden von einer CDU/FDP-Regierung abgelöst. Einen Monat später folgt der nächste Paukenschlag: Am 11. März tritt Lafontaine als Finanzminister und Parteichef zurück. Während SPD und Grüne in der Wählergunst abrutschen, liegt die Union im Herbst zunächst in einem Stimmungshoch. Ende des Jahres sorgt die CDU-Spendenaffäre für einen Stimmungsumschwung.

  • 2000: Rot-Grün profitiert zunächst weiter von der durch die Spendenaffäre bewirkte Schwächung der Union. Als ein lange umstrittenes, zentrales Projekt wird im Juni der Atomausstieg mit der Energiewirtschaft vereinbart. Im Sommer bringt die Koalition ihre Steuerreform durch den Bundesrat und fügt der Union damit eine bittere Niederlage zu. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein können SPD und Grüne ihre Mehrheiten verteidigen.

  • 2001: Die sich abzeichnende Wirtschaftskrise macht der Regierung zunehmend zu schaffen. Zu einer Zerreißprobe wird für die Koalition die Entscheidung über den Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr, nachdem zuvor schon der Kosovo-Auslandseinsatz für heftigen Streit bei Rot-Grün gesorgt hatte. Schröder verbindet die Abstimmung über den Anti-Terror-Einsatz im November mit der Vertrauensfrage - und hat Erfolg.

  • 2002: Im Bundestagswahlkampf liegt die Union zunächst angesichts der hohen Arbeitslosigkeit klar vorn. Zudem macht der SPD die PR-Affäre um ihren Verteidigungsminister Rudolf Scharping zu schaffen, der am 18. Juli seinen Posten räumen muss. Bei der Wahl am 22. September kann die Koalition aber am Ende vor allem wegen der Zugewinne der Grünen knapp ihre Mehrheit verteidigen. Der Stimmungsumschwung im letzten Moment wird auch mit Schröders Auftreten bei der Flutkatastrophe im Osten und seinem Nein zum Irak-Krieg erklärt.

  • 2003: Nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl rutscht die Koalition in Umfragen wieder dramatisch ab. Grund dafür sind die Wirtschaftsmisere und die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Am 14. März schwört Schröder die Deutschen mit seiner Agenda-Rede auf einen Reformkurs ein. Der Kanzler stößt bei der Umsetzung immer wieder auf Widerstand aus den eigenen Reihen und droht auch mit Rücktritt, um seine Ziele zu erreichen.

  • 2004: Die Auseinandersetzung um die Arbeitsmarktreform Hartz-IV prägt das Jahr. Am 6. Februar übernimmt Fraktionschef Franz Müntefering von Schröder den Parteivorsitz, um die Sozialdemokraten auf Linie zu halten. Kritiker vor allem aus den Reihen der SPD-Linken und wochenlange Montagsdemonstrationen setzen die Regierung schwer unter Druck. Schröder beharrt auf seinem Kurs. Fast unter geht dabei, dass mit dem Zuwanderungsgesetz ein weiteres zentrales Projekt von Rot-Grün nach jahrelangem Streit verabschiedet wird. Die Union gewinnt mehrere Landtagswahlen.

  • 2005: Anfang des Jahres wird eine Rekord-Arbeitslosenzahl von fünf Millionen gemeldet. Am 17. März verständigt sich Schröder bei einem Job-Gipfel mit der Unionsspitze auf Grundzüge weiterer Reformmaßnahmen; am selben Tag scheitert die Wiederwahl von Heide Simonis (SPD) als Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein. Das Bundesland wird nun von einer großen Koalition regiert. Am 22. Mai verliert Rot-Grün die Mehrheit in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland. SPD-Chef Müntefering und Schröder kündigen daraufhin ihre Entscheidung für vorgezogene Neuwahlen auf Bundesebene an. (APA/AFP)