Wien - Eine überalterte Gesellschaft mit immer mehr Pflegebedürftigen - auf diese demografische Aussicht gibt es für Sozialorganisationen nur eine Antwort: "Die jetzige Zivildienstreform ist nur eine Zwischenlösung", sagen Rotes Kreuz und Caritas unisono.

Nur ein Aufschub

Denn beide sind überzeugt: "Man hat zwar diesmal den Schritt nicht gewagt, wird aber um einen freiwilligen Zivildienst für Frauen auf Dauer nicht herumkommen", glaubt Fredy Mayer, Präsident des Roten Kreuzes und ehemaliger Vorsitzender der Zivildienst-Kommission, im STANDARD-Gespräch.

Bis zu 50 Prozent des Teams des Roten Kreuzes besteht aus Zivis. Wenn der Zivildienst nun verkürzt werde und gleichzeitig der Bedarf nach Pflegeleistungen steige, dann ist für Mayer klar: "Ohne Freiwillige wird das nicht gehen. Und zu den Freiwilligen gehören auch Frauen." Abgesehen davon ist das für ihn eine Frage des Prinzips: "Wenn man den Wehrdienst für Frauen öffnet, muss man das auch beim Zivildienst tun."

Unbegründetet SPÖ-Ängste

Eigentlich wollten ÖVP und BZÖ die Öffnung des Zivildiensts für Frauen beschließen. Die SPÖ wehrte sich aber vehement dagegen, weil sie erstens Lohndumping am Pflegesektor und zweitens einen Ansturm von Nicht-ÖsterreicherInnen befürchtete (alle EU-BürgerInnen hätten sich freiwillig zum Dienst melden können). Beide Argumente lässt Stefan Wallner, Generalsekretär der Caritas, im STANDARD-Gespräch nicht gelten: "Diese Ängste sind unbegründet. Außerdem hat mich erschüttert, wie wenig in der Diskussion vorkam, wie wichtig der Zivildienst für junge Menschen ist - und für Frauen wäre."

Wallner schlägt daher vor, ein Freiwilligengesetz zu machen, das auch Frauen ein freiwilliges soziales Jahr ermöglicht. Dass die Öffnung nicht schon mit der Zivildienstreform passierte, ist für ihn nur eines: "Eine vertane Chance." (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 1.7. 2005)