Wien - Angesichts der Einigung zwischen Regierung und SPÖ beim Asylgesetz pocht Ferdinand Lacina, Präsident der Liga für Menschenrechte, auf eine Gewissensentscheidung der Nationalratsabgeordneten: "Ich richte einen Appell an die Abgeordneten, bei der Abstimmung (über das neue Asylgesetz im Parlament, Anm.) nicht nach Parteilinie, sondern nach ihrem Gewissen zu entscheiden", erklärte der frühere Finanzminister.

Der derzeitige Gesetzesentwurf widerspreche "eklatant" den grundlegenden Menschenrechten, insbesondere die Regelung über die Zwangsernährung von Asylwerbern. Zwangsernährung soll künftig möglich sein, wenn ein Asylwerber in Hungerstreik tritt, weil ihm die Abschiebung droht. Künftig kann zehn Monate Schubhaft innerhalb von zwei Jahren - statt bisher sechs Monate - verhängt werden.

Scharfe Kritik von Caritas und Volkshilfe

"Traumatisierte sind Opfer der Asylreform", kritisierte Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner das neue Asylgesetz in einer Aussendung. In die gleiche Kerbe schlägt der Präsident der Volkshilfe Österreich, Josef Weidenholzer, und fordert, den Abschiebeschutz bei Traumatisierung explizit im Gesetz festzuhalten. Eine Zusicherung der Regierung beim Vollzug darauf Rücksicht zu nehmen, sei nach der langjährigen Erfahrung der Volkshilfe "nicht viel wert", so Weidenholzer in einer Aussendung.

Als "leeres Versprechen" bezeichnete Wallner die "politisch immer strapazierte Behauptung", dass jeder, der jetzt Asyl bekomme, auch nach der Reform Asyl bekommen werde. Die Verschlechterungen für traumatisierte Menschen seien ein "massiver Rückschritt", so Wallner. "Diese Asylwerber wie heiße Kartoffel durch Europa zu schicken, ist keine menschliche Regelung", meinte Weidenholzer.

Scharfe Kritik übte Wallner auch über die Verschärfung bei der Schubhaft. "Asylwerber sollen jetzt noch früher und noch länger eingesperrt werden können", so Wallner. Bevor es zu einer ersten Einschätzung eines Beamten komme, ob eine Abschiebung wahrscheinlich sei, könne es zu einer monatelangen, lähmenden Schubhaft kommen, kritisierte auch die Volkshilfe. Die Regierungsvorlage, dass Minderjährige in Schubhaft genommen und abgeschoben werden können, widerspreche der UN-Kinderrechtscharta und sei einer europäischen Demokratie unwürdig.

Auch die Zwangsernährung stößt bei den Hilfsorganisationen auf Ablehnung. Diese sei, so die Volkshilfe, unvereinbar mit der Tradition Österreichs als Flüchtlingsland. Der Caritas-Generalsekretär plädierte auf eine Erhöhung der Qualität bei den Betreuungen und der Erarbeitung von Perspektiven mit den Betreuten, "sonst bewegen wir uns in einem ewigen Kreislauf der Verzweiflung von Abschiebung und Rückkehr", so Wallner.

Positiv wertet Wallner die geplante Personalaufstockung bei den Asylbehörden. Diese sei ein "wesentlicher Schritt zu einem effizienteren Verfahren, das schneller Klarheit und Sicherheit bringt". (APA)