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Israelische Einheiten überwinden brennende Barrikaden der Siedler

Foto: AP/IDF
Mehr als einen Monat vor dem geplanten Abzug aus dem Gazastreifen hat die israelische Armee am Donnerstag das Gebiet zum militärischen Sperrbezirk erklärt. Damit will Israel die Einreise militanter Siedler und neue Zusammenstöße verhindern.

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Blitzartig und ohne einen Schuss abzufeuern haben israelische Sicherheitskräfte am Donnerstag ein ehemaliges Strandhotel im jüdischen Siedlungsblock im Gazastreifen geräumt. Rund 150 extremistische Abzugsgegner, mit ihnen auch Frauen und kleine Kinder, waren in dem Gebäude verbarrikadiert, leisteten schließlich aber nur passiven Widerstand - was die Befürchtungen, der für August geplante Abzug könnte in einen "Bürgerkrieg" ausarten, wieder etwas zerstreute.

Zuvor hatte der örtliche Armeekommandant die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen zum "militärischen Sperrgebiet" erklärt, sodass Israelis, die nicht in diesen Siedlungen wohnhaft sind, sich vorläufig dort nicht aufhalten dürfen. Die Maßnahme soll verhindern, dass weitere Extremisten einsickern, um den Abzug zu sabotieren.

"Beruhigung"

Die Armee hoffte, eine "Beruhigung" herbeizuführen, nachdem am Mittwoch radikale jüdische Aktivisten, Palästinenser und Soldaten in Zusammenstöße und blutige Steinwurfduelle verwickelt waren. Als Reaktion auf die Sperrung wollte die Siedlerbewegung, die sich von den Gewaltakten der Rechtsextremen distanziert, "zum geeigneten Zeitpunkt zehntausende Menschen" in Richtung Gazastreifen in Bewegung setzen.

Über die letzten Wochen hatten sich nach und nach einige Hundert aus dem Westjordanland kommende Radikale in leer stehenden Gebäuden im Gazastreifen verschanzt. Am Mittwoch hatten sie auch ein palästinensisches Haus besetzt, was zu einer Konfrontation mit Palästinensern führte, die in einer Enklave im Siedlungsblock leben. Bilder von einem schwer verletzt am Boden liegenden jungen Palästinenser, der weiter mit Steinen beworfen wurde, hatten in Israel Empörung ausgelöst und dazu beigetragen, dass die Führung die Gangart verschärfte. Justizministerin Zippi Livni sprach von einem "Beinahe-Lynch" und meinte, Israel müsse sich "mit den unerträglichen Erscheinungen auseinander setzen, die wir in den letzten Tagen sehen".

Livni betonte aber, dass die Sperrung nur "zeitweilig und zu militärischen Zwecken" angeordnet worden sei - es handle sich noch nicht um die im Räumungsgesetz vorgesehene Sperrung, die den eigentlichen Abzug ermöglichen soll. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Sperrung bis August aufrecht bleibt, weil sie das Alltagsleben der zum Großteil friedlichen Siedler schwer behindert.

In Israel wachsen indessen die Befürchtungen, dass die libanesische "Hisbollah" die gespannte Lage in Süden nützen könnte, um die Nordgrenze unsicher zu machen. Am Donnerstag kam es wieder zu einem Gefecht zwischen israelischen Soldaten und Angehörigen der proiranischen Schiiten-Gruppe, die die Grenze überschritten haben sollen. Tags zuvor war durch einen Granatenangriff der "Hisbollah" ein israelischer Soldat getötet worden, Israel reagierte mit Artilleriefeuer und Luftangriffen. Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden gaben schließlich an, sie hätten im Norden des Westjordanlandes zwei israelische Soldaten entführt. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2005)