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Giuliano Amato, Balkankommissions- chef

Foto: APA/epa/Hopi Media
Wien - Jedes Wort über einen Balkanstaat von EU-Regierungschefs würden sie nun sehr genau prüfen. "Erwähnt er Kroatien? Warum wird Serbien nicht angesprochen?" Die Mitglieder der internationalen Balkankommission sind misstrauischer geworden. "Es herrscht eine allgemeine Stimmung der Unsicherheit seit den Referenden über die EU-Verfassung", sagte der Vorsitzende des Thinktanks, der italienische Expremier Giuliano Amato bei seinem Besuch in Wien.

Man befürchtet, dass nun auch an der Übereinkunft von Thessaloniki im Jahr 2003 gerüttelt werden könnte, in der den Westbalkanstaaten eine EU-Beitrittsperspektive gegeben wurde. Diese wegzunehmen, könnte die Länder wieder zurückwerfen in extremen Nationalismus, warnt die Kommission.

"Es geht darum, jetzt nicht die falschen Signale auszusenden. Deshalb ist die österreichische EU-Ratspräsidentschaft 2006 ganz entscheidend", so Fran¸cois Heisbourg. Vor dem EU-Beitritt - die Balkankommission hält 2014 für realistisch - brauche es aber eine "Roadmap" für jedes einzelne Land. Die "Nationalstaatsbildung" am Balkan solle sich zu einer "EU-Mitgliedsstaatsbildung" entwickeln. Die bisherigen Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen seien nicht wirksam genug gewesen. Deshalb empfiehlt die Kommission ein "europäisches Abkommen", das mehr Anreize bieten soll, die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen. Auch die EU-Fonds sollten den Ländern früher zugänglich gemacht werden. "Die Jungen brauchen Geld zum Aufbau, nicht die Alten", so Amato.

Für die Kosovo-Statusverhandlungen sehe man "Bewegung in Serbien". "Die Unabhängigkeit ist dort zwar die am wenigsten gewünschte, aber die am meisten erwartete Lösung", so Heisbourg. Das Land habe zudem 2006 nicht nur die Kosovo-Frage sondern vielleicht auch die Abspaltung Montenegros zu verkraften. Aber: "Wenn Serbien aufhört über die Vergangenheit nachzudenken, dann wird es in ökonomischer Hinsicht eines der stärksten Länder sein", so Amato. (awö, DER STANDARD, Print, 30.6.2005)