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Beim Prozessauftakt im Augsburger Landesgericht gab sich Ludwig Holger Pfahls noch bestens gelaunt.

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Zehn Quadratmeter Zelle, darin ein Bett und ein Stuhl. So haust Ludwig Holger Pfahls heute in der Augsburger Justizvollzugsanstalt. Vor einem Jahr logierte der Mann, der Anfang der Neunzigerjahre unter Helmut Kohl Staatssekretär für Rüstungsfragen war, noch wesentlich nobler in einem Pariser Appartement.

Immerhin kommt Pfahls jetzt aus seiner Zelle öfter hinaus, denn in Augsburg hat der Prozess gegen ihn begonnen. Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften wirft ihm der Staatsanwalt vor. Doch wenn Pfahls sich vor Gericht äußert, dann geht es nicht nur um Gesetze und Paragrafen. Erzählt wird auch die Geschichte von einem steilen Aufstieg und dem tiefen Fall danach, von Gier und von Selbstüberschätzung.

"Ich stehe vor dem Nichts", sagt der 64-Jährige heute. Vieles hat der Exstaatssekretär verloren: seinen Ruf, seine Frau, seine Gesundheit, sein Geld, das schöne Haus, das schnelle Auto.

Dabei hat seine Karriere vor 30 Jahren so viel versprechend begonnen. 1976 trat der Jurist als Referent in der bayerischen Staatskanzlei ein, zwei Jahre später war er schon persönlicher Referent von Ministerpräsident Franz Josef Strauß und galt dort als "Wunderkind". Danach ging es eine Zeit lang noch weiter bergauf: Ab 1981 leitete Pfahls das Strauß-Büro, 1985 wurde er Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zwei Jahre später war er im Bonner Verteidigungsministerium Staatssekretär für Rüstungsfragen. Da geriet er in jenen Dunstkreis aus Interessenvertretern, Waffenhändlern und Geldbeschaffern, die ihre Geschäfte stets diskret erledigen.

Immer wieder traf er auf den umtriebigen Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber. "Hab dich nicht so", soll der laut Pfahls ein ums andere Mal zu ihm gesagt haben - so penetrant, dass sich der Staatssekretär eines Tages praktisch gezwungen sah, knapp zwei Millionen Euro anzunehmen und von Schreiber in die Schweiz schaffen zu lassen. Als Saudi-Arabien 36 deutsche Fuchs-Panzerfahrzeuge kaufte, waren alle zufrieden.

Das änderte sich im April 1999, als Pfahls schon seit sieben Jahren Manager bei DaimlerChrysler in Singapur war. Am 22. April holte ihn seine Vergangenheit in Form eines Haftbefehls ein. Daraufhin verschwand er auf dem Hongkonger Flughafen und war fünf Jahre lang nicht zu fassen - obwohl ihn das Bundeskriminalamt um die ganze Welt gejagt und zur "meistgesuchten Person" erklärt hatte. Erst am 13. Juli 2004 gelang in Paris seine Verhaftung.

Seine Lebensbilanz ist bitter: "Ich weiß heute nicht, welche Entscheidung dümmer war: Mich mit Schreiber einzulassen oder zu flüchten." Aus der CSU wurde er übrigens im Jahr 2000 wegen ausstehender Mitgliedsbeiträge ausgeschlossen. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2005)