Wien - Zwölf Schwäne in Pfeilformation, der Leitvogel mit kräftig aufwärts schwingenden Flügeln: Das ist das Logo der am 1. Juli beginnenden EU-Präsidentschaft des Vereinigten Königreiches. John Macgregor, britischer Botschafter in Österreich, erklärt das Bild: "Das ist eine Eigenart dieser Tiere: Wenn einer müde wird, übernimmt ein anderer die Führung." Wer der Führungsschwan ist, ist klar. Und die beiden ganz hinten? "Frankreich und Deutschland."

Abgesehen von solchen Spitzen bemüht sich MacGregor im Pressegespräch um sachlich-kühle Distanz, wenn er die Strategie der britischen EU-Präsidentschaft erläutert: "Der Vorsitz bedeutet nicht die Fähigkeit eines Landes, seine eigene Agenda durchzusetzen. Man kann nur Konsensfinder, manchmal auch Konsenserfinder sein."

In seiner Forderung, die hohen Agrarsubventionen zu verringern und das EU-Budget grundsätzlich in Richtung Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit Europas umzuorientieren, stehe Großbritannien keineswegs isoliert da, betont der Botschafter. Vier Staaten seien am Ende des Brüsseler Gipfels an seiner Seite gestanden. Hauptgrund des Scheiterns sei gewesen, dass die Luxemburger Präsidentschaft unverrückbar an der (2002 von London mitbeschlossenen) Agrarpolitik bis 2013 festgehalten habe: "Wenn ein Auto kaputt ist, kann man nicht so lange mit der Reparatur warten."

MacGregor räumt allerdings dreierlei ein: Unter Agrarkommissar Franz Fischler sei bereits eine Änderung der Agrarpolitik eingeleitet worden. Und: "Wir hätten vor dem Gipfel Warnsignale geben müssen." Und: Ja, die Gefahr, dass eine Senkung der EU-Agrarförderung die massiv gestützte US-Landwirtschaft auf dem Weltmarkt noch stärker macht, bestehe. "Aber wenn man ein Sünder ist, hilft es nichts zu sagen, der andere ist ein noch größerer Sünder. Wir versuchen jedenfalls, Druck auf die USA auszuüben."

Blairs Risiko

Ist Tony Blairs jüngstes Bekenntnis zu einem politischen Europa glaubwürdig angesichts des britisch-amerikanischen Sonderverhältnisses und der EU-kritischen Haltung der meisten Briten? Ja, sagt MacGregor, und eben deshalb gehe der Premier damit ein großes Risiko ein. Aber wer Britannien kenne, wisse, "dass dort wirklich absolut nichts so ist wie in Amerika. Wir sind nicht Teil der USA, wir sind Teil Europas." (Josef Kirchengast/DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2005)