Wie viel vom Privatleben eines Politikers in den
Medien gezeigt werden darf, wird derzeit rege diskutiert. Auch für
Juristen ist diese Frage, nicht zuletzt nach dem so genannten
"Caroline-Urteil" und rund um Finanzminister Karl-Heinz Grasser,
höchst aktuell. Daniel Ennöckl (Universität Wien) vertrat am Freitag
bei einem Symposium in Wien die Ansicht, dass das (nicht
rechtskräftige) Urteil gegen News wegen Grassers "Schmusefotos" "sehr
richtig" war. Allerdings: Wer sein Privatleben bewusst den Medien
öffne, könne auch nur "bedingt" argumentieren, dass kein berechtigtes
Interesse an seiner Person gebe.
Das Medienrecht (Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereich)
sowie das Urheberrecht (Bildschutz) bilden die beiden Säulen der
Diskussion. Hinzu kommt die Frage, ob es sich bei der betroffenen
Person um eine "public figure", also eine Person des öffentlichen
Lebens, handelt, und ob ein "berechtigtes Informationsinteresse" der
Öffentlichkeit an den gezeigten Vorgängen besteht.
"public figure"
Im Falle der Pariser Kussfotos mit Karl-Heinz Grasser und Fiona
Swarovski stellte Ennöckl fest: Grasser sei wohl zweifellos eine
"public figure", die Parisreise sei aber in keinem Zusammenhang mit
seiner öffentlichen Funktion gestanden. "Aus der Preisgabe eines
Teils des Privatlebens ist noch nicht der Schluss gegeben, dass der
Betreffende seinen gesamten höchstpersönlichen Lebensbereich offen
legen will", so der Jurist.
Dennoch - das Argument, dass Grasser selbst in der Vergangenheit
immer wieder bewusst die Öffentlichkeit auch mit privaten Anliegen
gesucht habe, ist nicht vom Tisch zu wischen. "Ein Minister, der
seine Verlobte in Begleitung von Fotografen vom Spital abholt", müsse
"harmlose" Abbildungen akzeptieren. Dies gilt nach Ansicht Ennöcks
für ein weiteres in "News" abgedrucktes Foto, das Grasser und
Swarovski bei einem Einkaufsbummel in New York zeigt. Grasser hat
Ennöckls Wissensstand zufolge keine Klage dagegen erhoben. Nach
Ansicht Ennöckls handelt es sich auch "nicht um einen Eingriff in die
Intimsphäre". Geltend gemacht werden könnte also allenfalls der
Bildschutz, wobei aber eben das erwähnte "Vorverhalten" Grassers in
Betracht zu ziehen sei. (APA)