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Scharfe Kurve mit Gegenverkehr bei den Mülltonnen auf dem St.-Elisabeth-Platz: Klingeln ist angeraten!

Foto: Standard/Fischer
Wer Schloss Laxenburg auf direktem Weg von Wien aus erreichen möchte, sollte sich vorab mit der Stadttopografie intensiv auseinander setzen. Außerdem verlangt die Route gute Kondition und jede Menge Orientierungssinn.

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Es gibt sie wirklich, die Sympathie auf den ersten Blick. Und das nicht nur bei Menschen. Denn der Radweg ins knapp zwanzig Kilometer vor Wien gelegene Laxenburg bietet schon auf den ersten Metern eine Vorahnung auf kommende Attraktionen. Vom Kärntner Ring (1) geht es zunächst die Canovagasse (2) entlang, vorbei an zwei historischen Prachtbauten, dem Hotel Imperial und dem Wiener Musikverein. Noch imposanter ist der Blick auf die Karlskirche, den dieser Radweg umfassend gewährt: Er führt seine Benutzer zunächst durch den Nordturm und entlang der Kreuzherrengasse (3) an die weniger bekannte, aber umso sehenswertere Rückfront des Doms.

Zum Staunen bleibt jedoch wenig Zeit, denn mit der Einfahrt in die Argentinierstraße (4) wartet der neuralgische Punkt der ersten Teilstrecke: Das Passieren der Engstelle wird durch zwei Poller erschwert, was vor allem bei starkem Gegenverkehr zu slapstickartigen Ausweichmanövern zwischen Radfahrern führen kann.

Hoher Fahrtkomfort

Doch dann zeigt der bauliche, durchwegs rot eingefärbte Zwei-Richtungs-Radweg seine Stärken: hoher Fahrkomfort bei ausreichender Breite und guter Streckeneinsicht. Vorbildlich markiert und abgesichert sind auch die Einmündungen von Nebenstraßen, die dem Radfahrer stets Vorrang geben. Den braucht man auch, zumal die ab der Plößlgasse steil ansteigende Strecke besondere Ansprüche an Kondition und - aufgrund des atemberaubenden Tempos von entgegenkommenden Radlern - auch an den eigenen Fahrstil stellt.

Auf dem Markt am St.-Elisabeth-Platz (5) kann man sich für die nächsten Kilometer mit Proviant eindecken - eine willkommene Pause, ehe nach einer weiteren Bergwertung das Etappenziel Wiedner Gürtel (6) erreicht ist.

Das Anschlussstück nach Favoriten ist dank des neuen Radweges entlang der Sonnwendgasse eine Wohltat. Die Steudelgasse lässt sich ohne Hindernisse - wenn auch bergauf - durchradeln, und der Alfred-Böhm-Park ist eine Grünoase ersten Ranges. Leider endet hier die bis dahin mustergültige Streckenführung. Ab jetzt sollte man auf eigenes Kartenmaterial setzen und sich durch spärlich angebrachte Wegweiser nicht verwirren lassen.

Wer dann die Ettenreichgasse und mit ihr den Pernerstorfer Steg (eine beeindruckende Schrägseilbrücke) gefunden hat, kann sich doppelt glücklich schätzen: Vor ihm erstreckt sich die Heubergstätten, ein weitläufiges Erholungsgebiet am Wienerberg, mit tiefem Blick nach Süden. Zum ersten, aber auch letzten Mal kann man von hier aus sein Fernziel ausmachen und mit der Karte in Einklang bringen.

Rasante Bergabfahrt

Was folgt, ist eine rasante Bergabfahrt durch Wiesen und Wälder, und mit dem Erreichen der Per-Albin-Hansson-Straße beginnt dann die eigentliche Herausforderung: die Suche nach dem richtigen Weg. Allen Ankündigungen zum Trotz muss man sich nämlich rechts halten, um über die Straßenkombinati- on Soesergasse-Otto-Probst-Straße-Neilreichgasse den Stadtteil Inzersdorf zu erreichen (Aufgrund einer ÖBB-Baustelle muss man jedoch eine kleinere Umfahrung in Kauf nehmen, daher sollte die Radkarte auf diesem Teilstück stets griffbereit sein).

Hat man dann die Vösendorfer Straße (oder die parallel verlaufende Toscaninigasse) vor Augen, ist der schwierigste Teil der Strecke auch schon überstanden. Ab jetzt radelt es sich gemütlich durch Kilometer lange Alleen und Flurwege, vorbei an Schloss Vösendorf und dem beschaulichen Weinort Biedermannsdorf. Die Strecke führt stetig gen Süden, und nach zwei Stunden Nettofahrzeit ist Schloss Laxenburg schließlich erreicht.

Die märchenhafte Anlage stellt einen krönenden Abschluss für diesen Radweg dar, der ob seiner Streckenführung und landschaftlichen Reize das Prädikat "besonders wertvoll" verdient. An einer besseren, einheitlichen Ausschilderung - vor allem zwischen Favoriten und der Stadtgrenze - wird aber noch zu arbeiten sein. (DER STANDARD - Printausgabe, 17. Juni 2005)