Wien - Österreichs Reisebüros atmen auf: Nach einem schwachen Start in die heurige Urlaubssaison hat sich die Kundenfrequenz verbessert, die Zahl der Buchungen weist seit April markant nach oben. Im bisherigen Jahresverlauf liege man bei den Umsätzen um rund drei Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, gab die Präsidentin des Österreichischen Reisebüroverbands (ÖRV), Annemarie Richard, am Dienstag bekannt. Im Gesamtjahr rechne man mit einem Umsatzplus von fünf Prozent.

Gewinner Türkei

Die Gewinner der Sommersaison zeichneten sich bereits ab: Neben der Türkei (plus fünf Prozent) seien auch Griechenland (plus zehn Prozent) und Zypern (plus 15 Prozent, allerdings von einem niedrigeren Niveau) stark gebucht. Die USA profitieren vom schwachen Dollar; deutlich mehr Österreicher werden nach ersten Trendanalysen heuer zu einer Reise über den Atlantik aufbrechen als in den vergangenen Jahren.

Als Verlierer schälen sich neben den Urlaubsregionen Asiens, wo die Flutwelle (Tsunami) von Ende Dezember noch nachwirkt, auch Ägypten heraus. Ägypten konnte im Vorjahr stark zulegen, die jüngsten Anschläge in Kairo dürften die Urlauber wieder vermehrt in "sicherere Ziele" führen.

Preistal erreicht

Bei den Preisen für die Urlaubsreisen sieht Josef Peterleithner, ÖRV-Vorstand und Chef der TUI Reisecenter, den Boden erreicht. Er beobachtet einen Trend zu qualitativ hochwertigen, teureren Urlauben. Während sich die Ausgaben für Urlaubsreisen vor fünf Jahren, also vor den Terroranschläge des 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center, auf durchschnittlich 509 Euro pro Person beliefen, sind es inzwischen knapp 800 Euro - Tendenz steigend.

Teurer werden könnte es für den Konsumenten durch den Trend der Fluglinien, den Reisebüros die Provision für das Ausstellen der Flugtickets zu streichen. "Die AUA hat das für 2006 angekündigt, Verhandlungen mit der Fluglinie sind im Gang", sagte Gunther Hölbl, ÖRV-Vorstand und Chef des Reiseveranstalters Kuoni Österreich. Die Reisebüros müssten den Ausfall der Provision durch Gebühren kompensieren, die sie an ihre Kunden verrechnen. Dennoch glaubt Hölbl, dass die Kunden den Reisebüros treu bleiben und nicht allzu viele auf Direktbuchungen im Internet ausweichen. Buchen im Reisebüro sei bequemer, weniger zeitintensiv und mitunter auch günstiger, so die Argumentation.

Die Reisebüros selbst müssten allerdings einen "Mehrwert" verkaufen, um reüssieren zu können. Sie müssten auch flexibler reagieren, zumal sich auch das Buchungsverhalten stark geändert habe. Wurden in den Neunzigerjahren noch Reisen zum Teil Monate im Voraus geplant und gebucht, fällt die Entscheidung nun immer kurzfristiger.

Hofer, Lidl, Billa & Co, die ebenfalls Reisen verkaufen, empfindet man im Reisebüroverband nicht als Konkurrenten. Erhebungen hätten ergeben, dass von diesen Billigangeboten hauptsächlich Kunden angesprochen würden, die vorher nie eine Reise gebucht hätten. "Die kommen das nächste Mal vielleicht in ein Reisebüro", sagte Hölbl.

Zuwächse sieht der ÖRV auch für das bisherige "Stiefkind Incoming". Auf Reisebüros, die sich auf die Vermittlung ausländischer Gäste nach Österreich spezialisiert haben, entfällt rund ein Drittel des Gesamtumsatzes der Branche von 2,3 Milliarden Euro.

Wichtigste Märkte für das Incoming-Geschäft sind neben Deutschland bereits Indien und China. Gerade in Indien und China sei der Preisdruck aufgrund der Einkommensverhältnisse aber besonders groß. (Günther Strobl, Bettina Pfeiffer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.6.2005)