Die Diskussion um ein mögliches Scheitern der Währungsunion ist völlig absurd und vermutlich eher der Versuch radikaler EU-kritischer Kreise, den Schwung aus den Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden in andere Bereiche mitzunehmen. Denn die Fakten zeigen, dass der Euro ganz im Gegenteil unerwartet erfolgreich ist:

Der "Absturz" des Kurses von einem historisch eher hohen Niveau von rund 1,30 Dollar auf 1,22 anlässlich der Referenden ist eine völlig normale Schwankung in einem Rahmen, den auch die Vorgängerwährungen Franc, Gulden, Mark und Schilling oft erlebt haben. Auf Basis der Vorgängerwährungen rückgerechnet, lag der Euro 1992 bei 1,70 Dollar und 1998 bei 0,98.

Mehr noch: Der Euro hält sich trotz Rekorddefiziten in Italien, Portugal, Deutschland und Frankreich auf einem Stand, der deutlich über der Kaufkraftparität mit den USA liegt - und das trotz deutlich höherer US-Zinsen. Der Euro ist auch ohne Stabilitätspakt stabil.

Dazu kommt, dass sich die Eurozone durch den Höhenflug der gemeinsamen Währung viel Geld für Energie gespart hat: Während die Ölpreise seit 2000 auf Dollarbasis um mehr als 70 Prozent gestiegen sind, betrug die Teuerung auf Eurobasis nur 30 Prozent. Und die Inflation ist niedriger als je zuvor.

Den volkswirtschaftlichen Vorteilen steht allerdings ein recht großes Defizit gegenüber, das der Euro mit der EU-Verfassung gemeinsam hat: Beide gelten als Ikonen für das ungeliebte Brüssel; beide haben die Herzen der Bürger nicht erreicht, obwohl sie sinnvolle Projekte sind; beide werden von Politikern als Sündenböcke für hausgemachte Probleme und den Rückfall in den Nationalismus missbraucht. Sollte das Projekt Europa scheitern, dann nur aus diesem Grund. Der Euro kann nichts dafür. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.6.2005)