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Eine Frau weint neben den anonymen Gräbern der Opfer des Massakers von Andischan.

Foto: AP/Japaridze
Wien/Moskau - In einer umfangreichen Untersuchung des Blutbades vom 13. Mai im ostusbekischen Andischan hat Human Rights Watch (HRW) erschütternde Fakten ans Tageslicht gebracht. 50 Augenzeugen der Tragödie hatten trotz Einschüchterung durch die Behörden den Hergang anonym geschildert.

Nachdem Bewaffnete aufständische Geschäftsleute aus dem Gefängnis befreit und das Gebäude der Regionalregierung besetzt hatten, schlossen sich demnach tausende dem Protest aus Unmut über Armut und Unterdrückung an. Die Zeugen im Bericht erzählen, dass Sicherheitskräfte - und nicht Kämpfer, wie offiziell behauptet wird - aus gepanzerten Fahrzeugen "willkürlich in die Menge feuerten", obwohl die meisten Demonstranten unbewaffnet waren.

Später hätten sie auch auf Menschen geschossen, die den Protest verlassen wollten. Eine Gruppe Flüchtender sei einfach dahingemetzelt worden. HRW-Direktor Kenneth Roth spricht davon, dass mindestens zehnmal mehr als die offiziell genannten 172 umgekommen seien.

"Keiner konnte in die Krankenhäuser und mit den Leuten reden, die dabei waren", erzählt der Menschenrechtsaktivist und politische Flüchtling, Jogdor Obid dem STANDARD. "Sogar am Friedhof stehen Soldaten, damit die Leichen nicht untersucht werden können." Das Massaker, sei direkt von Karimov angeordnet worden. "Er war zu dem Zeitpunkt selbst in Andischan und hat dort den Stab kommandiert."

Zweifel gibt es auch an der Anzahl jener, die danach inhaftiert wurden. "Offiziell waren es 97 Leute. In Wirklichkeit dürften es mindestens doppelt so viele sein", so Obid. Eine internationale Untersuchung wird vom usbekischen Regime abgelehnt. (sed, awö/(DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2005)