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In Kairo trieben Polizisten eine Demonstration von Anhängern der "Kefaya"-Bewegung auseinander.

Foto: Reuters
Kairo - In Ägypten ist die Polizei am Mittwoch mit Schlagstöcken gegen Anhänger der Opposition vorgegangen, die gegen das Referendum zur Präsidentenwahl protestierten. In Kairo trieben die Polizisten eine Demonstration von Anhängern der "Kefaya"-Bewegung auseinander. Bis zum Mittag wurden 30 Demonstranten in Kairo und in der am Suez-Kanal gelegenen Stadt Ismailiya festgenommen. Auch in Port Said am Mittelmeer wurde eine Kundgebung aufgelöst, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Demonstrationsverbot

Die Regierung hatte für die Dauer des Verfassungsreferendums am Mittwoch ein Demonstrationsverbot verhängt. Das Referendum soll erstmals in Ägypten eine Direktwahl des Präsidenten unter mehreren Kandidaten ermöglichen. Die Opposition kritisiert die geplante Verfassungsänderung als unzureichend, da sie unabhängigen Bewerbern de facto eine Kandidatur unmöglich mache. Sie hatte zum Boykott der Volksabstimmung aufgerufen.

Beteiligungung extrem niedrig

Wie bei Volksabstimmungen die Regel war im ganzen Land zunächst nur eine zögerliche Beteiligung zu beobachten. Die Ägypter sollen ihren Präsidenten in Zukunft direkt und unter mehreren Kandidaten wählen. Der Opposition gehen die Veränderungen jedoch nicht weit genug.

Die regierenden Nationaldemokraten (NDP) warben unter dem Slogan "Ja zur Demokratie" und dem Bild des seit 1981 regierenden Präsidenten Hosni Mubarak für das neue Wahlgesetz. Mubarak steht unter internationalem Druck zu demokratischen Reformen im Land. Die NDP hat 90 Prozent der Sitze im Parlament und auch unter den neuen Modalitäten dürfte Mubarak sein Amt bei der Präsidentenwahl im September das fünfte Mal ungefährdet verteidigen. Seine Kandidatur wird allgemein erwartet.

"Ich werde später wählen, aber ich werde nicht zustimmen", sagte der 49-jährige Samir Habaschi. "Die Einschränkungen im Gesetz sind nicht logisch. Es ist eine Art von Freiheit, aber keine volle Freiheit." Dem neuen Gesetz zufolge soll das Volk den Staatschef in Zukunft unter mehreren Kandidaten auswählen, die sich zuvor in beiden Kammern des Parlaments die Unterstützung von einer relativ hohen Zahl von Abgeordneten gesichert haben. Bisher bestimmte das Parlament einen einzigen Kandidaten, über den dann per Referendum abgestimmt wurde.

"Wir boykottieren. Die Änderung ist nicht verfassungsgemäß. Es gibt viele Einschränkungen", sagte Omajma el-Arabi. Die NDP-Dominanz im Parlament sichere der Regierungspartei auch in Zukunft den höchsten Posten im Land, kritisiert die Opposition. Radikal-moslemische Gruppierungen wie die Moslembruderschaft rechnen sich zudem keine Chance aus, einen der ihren auf dem Weg eines unabhängigen Kandidaten ins Spiel zu bringen. Die Bedingungen für die Nominierung seien zu schwierig.

"Heute ist ein Tag der Trauer. Boykottiert die Abstimmung über die Katastrophe". So titelte die Tageszeitung der oppositionellen Partei Wafd. Im Zentrum Kairos versammelte sich eine kleine Gruppe der Protestbewegung "Kefaya" ("Genug"), wurde aber sofort von einer großen Zahl von Mubarak-Anhängern abgedrängt.

Mehrere Oppositionsgruppen hatten zum Boykott des Verfassungsreferendums aufgerufen, weil der neu formulierte Paragraf 76 über die Präsidentenwahl ihrer Ansicht nach die Kandidatur von Nicht-Mitgliedern der Regierungspartei erschwert. Der Vorsitzende der Al-Ghad-Partei, Eiman Nur, erklärte wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale, er wolle weiterhin bei der Präsidentenwahl kandidieren, obwohl die neue Verfassung nicht ideal sei.

In Kairo wurden unterdessen am Vormittag Hunderttausende Beamte mit Bussen von ihren Behörden zu den Wahllokalen gefahren. Einige von ihnen trugen ägyptische Fahnen und Banner mit der Aufschrift "Ja für Mubarak". Präsident Mubarak wurde in seiner bisherigen Amtszeit - seit 1981 - alle sechs Jahre in einem Referendum ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigt. (APA/Reuters/dpa)