Washington - Das US-Repräsentantenhaus hat am Dienstag trotz des von Präsident George W. Bush angekündigten Widerstands ein Gesetz für eine größere staatliche Förderung embryonaler Stammzellenforschung verabschiedet.

Das Gesetz sieht vor, dass öffentliche Fördermittel künftig für Forschungen an in Fruchtbarkeitskliniken geschaffenen menschlichen Embryonen verwendet werden, die andernfalls vernichtet würden. Das Gesetz erlaubt aber nicht das Klonen eines menschlichen Babys. Bush hatte bereits zuvor mit einem Veto gegen das Gesetz gedroht. Um ein Veto des Präsidenten aufzuheben, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Diese wurde bei der Abstimmung aber nicht erreicht; 238 Abgeordnete stimmten für, 194 gegen das Gesetz.

Bush hatte sich bereits vor der Debatte im US-Repräsentantenhaus gegen eine Neuregelung ausgesprochen. Bisher hat er aber als Präsident noch bei keinem Gesetz sein Veto eingelegt. Gegner embryonaler Stammzellenforschung sind der Auffassung, bei dieser Wissenschaft wird menschliches Leben zerstört. Dafür sollen ihrer Ansicht nach keine staatlichen Fördermittel zum Einsatz kommen.

Im Jahr 2001 hatte Bush für die Förderung von Forschungsprojekten eine ähnlich restriktive Linie vorgegeben, wie sie in Deutschland gilt: Geforscht werden darf nur mit Stammzellen, die vor dem 9. August 2001 existiert haben. Mit der neuen Regelung wird diese Frist faktisch aufgehoben.

Die Befürworter argumentieren, bei der Befruchtung nicht eingesetzte Embryonen würden in jedem Fall vernichtet. Für die Forschung genutzt, könnten sie jedoch möglicherweise Leben retten. Krankheiten wie Alzheimer und Diabetes könnten so eventuell geheilt werden. Die Unterstützer des Gesetzes kündigten an, auch eine Abstimmung im Senat voranzutreiben. Dort stünden die Chancen für eine Verabschiedung gut.

Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete zudem ein weniger umstrittenes Gesetz mit einer Mehrheit von 431 Stimmen bei einer Gegenstimme, das die Forschung an Zellen ausdehnt, die aus Nabelschnurblut gewonnen wurden.

Stammzellen sind Musterzellen im menschlichen Körper, die die Fähigkeit besitzen, sich in neue Zellen oder neues Gewebe umzuwandeln. Diese Zellen können im Prinzip auch dem Gewebe von Erwachsenen entnommen werden. Doch embryonale Stammzellen gelten als besonders leistungsfähig, da sie das Potenzial haben, sich zu jeder im Körper vorkommenden Zell- oder Gewebeform zu entwickeln.

Die Stammzellen-Debatte hat durch jüngste Erfolge südkoreanischer Forscher neue Brisanz erhalten. Diese haben als erste weltweit maßgeschneiderte embryonale Stammzellen für schwer kranke Patienten geklont. Damit gelang es ihnen, nur ein Jahr nach ihrem bahnbrechenden Erfolg beim Klonen menschlicher Embryonen eine weitere entscheidende Hürde zum therapeutischen Klonen zu nehmen. Mit Stammzellen, die dasselbe Erbgut wie die Patienten enthalten, könnten Mediziner bei der Therapie die Abwehrreaktion von Patienten verhindern. Das würde die Heilungschancen nach dem Einsetzen der Zellen erheblich verbessern. (APA/Reuters/dpa)