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derStandard.at: Was bedeutet die Öffnung des Zivildienstes für Frauen?

Hollerweger: Der Dienst für Frauen stellt eine weitere Mischform von bezahlter und unbezahlter Arbeit dar, deren Grenze generell immer fließender werden. Bezahlte Arbeit bedeutet ja nicht nur ein bestimmtes Einkommen am Ende jedes Monats, vielmehr sind an bezahlte Arbeit eine Reihe an Leistungen und Ansprüchen geknüpft, wie beispielsweise Krankenversicherung und Pensionsversicherung. In Österreich ist das System dieser Leistungen immer noch sehr stark an das sogenannte Normalbeschäftigungsverhältnis geknüpft und "belohnt" damit jene Leute, die ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis aufweisen können. Jene die das nicht können, haben einen Nachteil und das trifft oftmals auf Frauen zu. Insofern muss alles, was Frauen davon abhalten könnte, ein "normales" Beschäftigungsverhältnis ein zu gehen generell kritisch gesehen werden. Leider ist - aufgrund der Situation am Arbeitsmarkt - die Alternative eines normalen Beschäftigungsverhältnisses nicht immer gegeben.

derStandard.at: Könnte das eine Maßnahme sein, um noch mehr billige Arbeitskräfte im Sozialbereich zur Verfügung zu haben?

Hollerweger: Dies ist sicherlich eines der wesentlichsten Motive für die geplante Maßnahme. Ginge es etwa alleine um die Möglichkeit, Praxis-Erfahrungen zu sammeln, ließen sich ganz andere Maßnahmen setzen, vielfach gibt es sie ja bereits.

derStandard.at: Welches politische Signal steckt hinter dieser Öffnung?

Die Frage, wie wir künftig unser Sozialsystem finanzieren werden, ist eine sehr dringliche. Müsste für die Arbeit der Zivildiener oder der ehrenamtlich engagierten Personen der marktübliche Preis bezahlt werden, könnte das bestehende Sozialsystem nicht aufrecht erhalten werden. Zieht man etwa den wachsenden Pflegebedarf in Betracht, trifft dies auf die Zukunft umso mehr zu. Hierfür Lösungen zu suchen ist wichtig, dass auf die Arbeit von Frauen dabei nicht verzichtet werden kann, ist auch offensichtlich. Die kritische Fragen sind, wie die Rahmenbedingungen aussehen und auf welche Art und Weise Frauen in diesbezügliche Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden.

derStandard.at: Wie schätzen Sie das Interesse der Frauen nach diesem "Angebot" ein?

Hollerweger: Ich glaube nicht, dass man dadurch die Frage nach dem steigenden Bedarf an Sozialleistungen in Zukunft lösen wird können. Ähnliche Erfahrungen gibt es ja bereits in Bezug auf das Freiwillige Soziale Jahr. (mhe)