Paris - Der ehemalige sozialistische EU-Kommissionspräsident Jacques Delors (PS) hat die Franzosen dazu aufgerufen, bei der Volksabstimmung vom 29. Mai über die künftige europäische Verfassung "nicht die Wahl zu verwechseln". "Ich bin als Bürger im Jahr 2007 dazu aufgerufen, die Orientierungen der Politik zu ändern, einen neuen Präsidenten der Republik zu designieren, die Linke zum Sieg zu bringen. 2005 habe ich eine Verabredung, um zu wissen, ob Europa weiterfährt oder angehalten wird", sagte der Franzose am Montag im Nachrichtensender LCI.

In Bezug auf die Meinungsumfragen, bei denen das Nein ständig vorne liegt, meinte Delors, dass sich die Referenden "stets in der letzten Woche, manchmal in den letzten Stunden entscheiden". "Was zum Sieg des Ja beitragen kann, ist zu erklären; dass wir nicht im Jahr 2007, sondern im Jahr 2005 sind", fügte Delors hinzu.

Eine Ablehnung der europäischen Verfassung "würde ins in eine wirtschaftliche Unbeweglichkeit stürzen", warnte Delors und fügte hinzu: "Aber das Schlimmste wäre, dass Europa während zwei oder drei Jahren in der Welt nicht mehr sprechen könnte, da es mit seinen eigenen inneren Problemen beschäftigt wäre."

Le Pen fordert Chiracs Rücktritt bei Ablehnung der EU-Verfassung

Der Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen, Chef der Front National (FN), hat den Rücktritt von Präsident Jacques Chirac (UMP) gefordert, falls bei der Volksabstimmung die Verfassungsgegner gewinnen sollten. "Ich wünsche, dass er zurücktritt, dass er Entscheidungen trifft wie (der deutsche Bundeskanzler) Gerhard Schröder", sagte Le Pen in Anspielung auf die vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland nach der linken Wahlniederlage in Nodrhein-Westfalen.

Über den Sieg des Nein beim Referendum vom 29. Mai zeigte sich der FN-Chef zuversichtlich. "Es genügt, dass Jacques Chirac noch einmal auftritt, und der Sieg des Nein ist gewiss", meinte Le Pen ironisch. Die Verfassungsgegner in Frankreich haben in den letzten sechs Umfragen die Nase vorn. Sie verfügten in den Studien zuletzt über eine knappe Mehrheit von 52 Prozent.

Die französische Kommunistenchefin Marie-George Buffet (PCF) erklärte sich überzeugt, dass die "Einschüchterungsversuche" nicht imstande sein werden, die Franzosen davon abzuhalten, beim Referendum gegen die künftige europäische Verfassung zu stimmen. "Die Anhänger des Ja werden diese Woche versuchen, den Franzosen Angst zu machen, ihnen sagen, dass ein Nein das Chaos bedeutet, aber diese Einschüchterung wird bei den Wählern nicht funktionieren", sagte die KP-Chefin im Radiosender "France Inter".

Die Kommunistenchefin, die für den Sieg des Nein Wahlkampf führt, sagte für den kommenden Sonntag eine "starke Wahlbeteiligung" an der Volksabstimmung voraus. "Wenn das Nein gewinnt, wird Frankreich nicht geschwächt werden", meinte Buffet und fügte hinzu: "Es wird mit dem verstärkten Image eines Landes hervorgehen, das es wagt, Nein zu sagen." (APA)