Film
Geografie der Macht
Neue Filme aus Israel: Einem Land kann man sich von vielen Seiten nähern - TV-Tagebuch - Sonntag, 22:15 Uhr, 3sat
Einem Land kann man sich von vielen Seiten nähern. Anna Faroqhi entwirft in
ihrem neuen Dokumentarfilm Das Haus und die Wüste, den 3sat im Rahmen der
Reihe Neue Filme aus Israel ausstrahlt (So, 22.15), eine Art politischer Geografie.
Sie sucht diverse Bauwerke Israels auf und stellt primär über die Architektur, die
Lage der Wohnanlagen, deren historischen Hintergrund wie territorialen
Funktionen Rückschlüsse auf deren Bewohner auf.
Die Topografie, die derart entsteht, erzählt beredt von der Verteilung der Macht,
den tiefen Klüften, die das Land nicht zur Ruhe kommen lassen. Im Westjordanland wurden von hohen Zäunen begrenzte Reihenhaussiedlungen für Juden
reißbrettartig in die Landschaft gestellt. Zum überwiegenden Teil blieben sie unbewohnt. Denn in unmittelbarer Nähe finden
sich kleine palästinensische Dörfer, die wiederum
von Grenzposten bewacht
werden.
Wo einerseits Räume
symbolisch besetzt gehalten werden, dominieren anderswo Provisorien, die
zum ständigen Wohnsitz
wurden: zerfallene Container, in denen russische Juden leben; mit schwarzem
Plastik umhüllte Blocks einer afroamerikanischen
Minderheit, der erst vor
Kurzem das Aufenthaltsrecht gewährt wurde; oder
auch Zelte, in denen Beduinen – illegal – hausen.
Faroqhi hält zu all ihnen
Distanz aufrecht und verzichtet auf Interviews. Ihr
geht es um Ansichten, die
Menschen in einem Raum
verorten, der von einer Unmenge an inneren Grenzen
durchzogen ist. (kam/DER STANDARD; Printausgabe, 21./22.5.2005)