Am Bahnhof WienNord wird schon umgebaut, der Zentralbahnhof soll folgen: Wien plant seine Zukunft als Kern der Ostregion

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Der neue Stadtentwicklungsplan für Wien liegt vor: Drei Leitbilder für Wirtschaft, Grünräume und Bauten, sowie dreizehn definierte Zielgebiete geben die Entwicklung der Bundeshauptstadt im kommenden Jahrzehnt vor. Erstmals wurde auch das weitere Wiener Umland mitberücksichtigt.

Wien - Mit dem neuen Stadtentwicklungsplan, kurz Step 05, legt die Wiener Stadtplanung kommenden Dienstag dem Gemeinderat ein ehrgeiziges, detailliertes Entwicklungsprogramm vor. Das umfangreiche Konvolut wurde in dreijähriger Arbeit unter Kurt Mittringer von der MA18 erstellt.

Der Step 05 definiert die räumliche und bauliche Entwicklung Wiens und zeigt, wie eng wirtschaftlicher, demographischer, gesellschaftlicher und technologischer Wandel mit Städtebau und Architektur verknüpft sind.

Einigung mit Umland

Erstmals in der Geschichte der Stadtentwicklungspläne, die es seit den 50er-Jahren im Zehnjahres-Rhythmus gibt, konnte man sich auch mit dem ehemals eher störrisch unkommunikativen Umland auf ein gemeinsames regionales Leitbild einigen. Das betrifft nicht nur Niederösterreich, sondern vor allem auch die Region Bratislava, die im Zuge der EU-Erweiterung quasi zur 500.000 Einwohner großen Nachbarstadt Wiens wird.

Planungsstadtrat Rudolf Schicker: "Das ist eine große Neuerung, die Region wird zusammenwachsen, Wien und Bratislava können gemeinsam im internationalen Wettbewerb der Städte viel erreichen, das bedeutet aber, dass Verkehrssysteme und räumliche Leitbilder aufeinander abgestimmt werden müssen."

Problem Naturschutz Elementar dabei ist nicht nur der Ausbau der Verkehrsverbindungen und eine behutsame Regulierung der zu erwartenden Siedlungsentwicklung, sondern auch der strikte Schutz des zwischen den Städten gelegenen Nationalparks Donauauen, der, wie Schicker meint, "nicht ganz leicht" zu bewerkstelligen sein dürfte, Wien aber wichtiges Anliegen ist.

Die Grünräume und deren Erhaltung sind überhaupt einer der drei als elementar erkannten Grundsätze des Step. Der zweite heißt neudeutsch "Gender Mainstreaming". Schicker: "Bei der künftigen Gestaltung der Stadt müssen die unterschiedlichen Beziehungsfelder von Männern und Frauen, von Jugendlichen und von Gruppen mit körperlichen Behinderungen berücksichtigt werden." Und drittens: "Wien ist eine weltoffene Stadt, ein Ort der Begegnung, ein Ort, der auch in seiner räumlichen Ausprägung diese Offenheit präsentieren muss."

Leitbilder

Konkret ergeben sich drei übergeordnete Leitbilder, sie betreffen die wirtschaftliche, die grünräumliche sowie die bauliche Entwicklung Wiens. Die bereits im Stadterneuerungsplan '94 ausgearbeitete Entwicklung und Förderung der Subzentren wird weiter verfolgt, wobei die Innenstadt natürlich Kernzentrum bleiben soll – allerdings nicht nur für Tourismus und Hotellerie.

So soll etwa den Abwanderungstendenz von Unternehmen aus den denkmalgeschützten alten Gemäuern der Innenstadt in die moderner ausgestatteten Bürohäuser der Peripherie entgegengewirkt werden. Schicker spricht sich dezidiert für Neubauten auch in der historischen Innenstadt aus und kann sich den Ersatz minderwertiger Häuser durch zeitgenössische Architektur gut vorstellen.

"In den wirklich kostbaren, bürogenutzten Palais", meint er, "werden wir allerdings auf den nächsten Technologiesprung vertrauen müssen, der dicke Verkabelungen et cetera obsolet machen wird."

Die City ist nur eines der dreizehn konkreter ausgearbeiteten "Zielgebiete der Stadtentwicklung" (siehe Infografik). Definiert wurden weiters unter anderem: Das Gebiet "Bahnhof Wien Europa Mitte – Erdberger Mais" als wichtigstes Entwicklungsgebiet im dicht bebauten Stadtgebiet.

Auch der Bereich "U2-Donaustadt/Flugfeld Aspern" soll bis Mitte kommenden Jahrzehnts zu einem der vorhin erwähnten Subzentren ausgebaut werden. Schicker: "Gerade anhand dieses Bereichs wird klar, wie stark Stadtplanung, Investoren und geförderter Wohnbau zusammenarbeiten müssen." Nur die Durchmischung von Wohnen und Arbeiten sowie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr gewährleiste lebendige Stadtviertel: "Wir hoffen, alle infrastrukturellen Maßnahmen gleichzeitig bewerkstelligen zu können."

Belebter Donaukanal

Auch innerstädtisch soll ein altes, wohl bekanntes Thema wieder aktiv aufgegriffen werden: Die Belebung des Donaukanals soll nun wirklich in Gang kommen. Schicker spricht von diversen durchaus reizvollen Projekten, wie etwa Wohnen auf dem Hausschiff, von zwei konkreter ausformulierten Gastronomie- und Freizeitschiffen, sowie von der Idee einer neuen Donaukanal- Brücke, die seit 1998 von den Architekten Eichinger oder Knechtl verfolgt wird. Eine belebte, mit Restaurants und Geschäften bestückte Brücke soll, wie die Ponte Vecchio, den 2. Bezirk und die Innenstadt miteinander verknüpfen.

Laufende Evaluierung

Gleich zu Beginn des, mit knapp 250 Seiten übrigens sehr komprimiert und übersichtlich gehaltenen Papiers, befasst sich ein Kapitel mit der Verwirklichung der vorgegebenen Maßnahmen. Der Step 05, heißt es, sei Grundlage für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung, und es sei vorgesehen, "eine laufende Kontrolle der Zielerreichung" zu institutionalisieren und den Gemeinderat via "Stadtentwicklungsbericht" zu informieren. (Ute Woltron, DER STANDARD Printausgabe, 21.05.2005)