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Der Ankauf der Sphinx stellt für den Rechnungshof ein Rätsel dar. Nicht das einzige übrigens.

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Der 112 Seiten strake Rechnungshofbericht zum KHM und deren Tochtergesellschaft "Museums Collection", die unter anderem das Lipizzaner Museum führt, ist gespickt mit einer Fülle an abenteuerlichen Details. Hier kann nur ein Teil der in der Zusammenfassung erwähnten Kritikpunkte aufgelistet werden. Bilanzierung: Das KHM hielt die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchhaltung und Bilanzierung mehrfach nicht ein. Unterlagen wurden nur zögerlich und unvollständig vorgelegt beziehungsweise fehlten. Ein Überblick über die Geschäftsvorfälle und die wirtschaftliche Lage war vielfach nicht möglich. Die Wirtschaftsaufsicht über das KHM durch das Bildungsministerium sowie das Kuratorium war verbesserungsbedürftig. Ausgliederung: Die Ziele der Ausgliederung des KHM waren im Wesentlichen unbestimmt formuliert, so dass für den RH und das Bildungsministerium eine Aussage über die Erfüllung der Ziele nur bedingt möglich war. Das Ziel von 1,5 Millionen Besuchern jährlich wurde 1999 bis 2002 nicht erreicht. Fusionierung: Die Eingliederung des Völkerkunde- und des Theatermuseums zum 1. Jänner 2001 erbrachte trotz des Erreichens von Synergieeffekten und Einsparungen in einzelnen Bereichen insgesamt keine wesentlichen wirtschaftlichen Vorteile für das KHM. Organisation: Verbesserungen sind insbesondere im kaufmännischen Bereich notwendig. Die Funktion Innenrevision wurde bereits seit mehreren Jahren nicht wahrgenommen. Eine Mediation zur Abstimmung der divergierenden Interessen des Geschäftsführers und der Mitarbeiter des KHM wurde nach wenigen Besprechungen ergebnislos abgebrochen. Die in der Museumsordnung vorgesehenen Konferenzen, Sitzungen und Versammlungen wurden nicht oder nicht in vollem Umfang durchgeführt. Geschäftsführer: Seipel wurde als Generaldirektor wiederbestellt - ohne öffentliche Ausschreibung und ohne Befassung des Kuratoriums. Seipels Bezüge erhöhten sich von 1998 bis 2002 auf mehr als das Zweieinhalbfache: von 94.000 Euro auf 238.000 Euro. Außerdem erhielt er anlässlich des Weihnachtfestes eine jährliche Geldaushilfe zwischen 73 und 80 Euro. Ab 1999 erhielt er leistungsbezogenen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent des jeweiligen Jahresbezuges; für die Zuerkennung dieses Zuschlages waren weder der Unternehmenserfolg noch betriebswirtschaftliche Kennzahlen maßgebend. Für die zusätzlich zu seinen Monatsbezügen als Beamter ausgezahlten Zuschläge wurden bis 2001 weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Über manche seiner Dienstreisen legte Seipel keine Reiserechnungen vor. Er unterfertigte den Vertrag über den Verkauf seines eigenen PKW an das KHM sowohl als Käufer als auch als Verkäufer. Repräsentation: Repräsentationsaufwendungen wurden vielfach für Seipel, für Mitarbeiter des KHM sowie für Beamte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens getätigt. 2001 bezahlte das KHM die Feier zum 55. Geburtstag von Kunststaatssekretär Franz Morak (5736,88 Euro). Museums Collection: Die Höhe der in den Bilanzen des KHM und der "Museums Collection" ausgewiesenen gegenseitigen Forderungen bzw. Verbindlichkeiten war nicht immer nachvollziehbar. Die großen Schwankungen der Rohaufschläge auf die Artikel der Museumsshops waren vor allem auf die nicht nachvollziehbaren Inventurergebnisse, die pauschalen Abwertungen sowie die kostenlos abgegebenen Museumsshopartikel zurückzuführen. Sammlungen: Über 200.000 Kunstobjekte waren noch nicht inventarisiert; der Standort von Kunstobjekten war jahrelang nicht mehr überprüft worden. Von den Restaurierwerkstätten als nicht verleihbar bezeichnete Gemälde (z. B. Vermeers Malkunst) wurden mehrfach in das Ausland verliehen. Die Vorgaben der Liste der nicht entlehnbaren Objekte der Museen des Bundes wurden mehrfach nicht beachtet. Kriegsverluste in der Antikensammlung wurden dem Bildungsministerium erst 2002 bekannt gegeben. Acht als Verlust gemeldete Gemälde waren doch vorhanden. Seipel kaufte vom Sammlungsgut, das dem KHM als Leihgabe des Bundes überlassen worden war, zwei so genannte Uschebtis (Grabbeigaben). Sphinx:

Mehrere Seiten lang beschäftigt sich der RH mit dem Ankauf einer Sphinx. Ob dem Bildungsministerium dieser Ankauf bekannt war, konnte nicht nachvollzogen werden. In den Jahresabschlüssen der Teilrechtsfähigkeit des KHM für 1998 und des ausgegliederten KHM für 1999 bis 2002 wurde diese Sphinx nicht als Anlagevermögen und der noch offene Kaufpreis nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen. Seipel erwarb die Sphinx bei einem Kunsthändler in Mallorca um 3,8 Millionen Dollar. Abgeschlossen wurde der Deal in Deutschland. Die Preisangemessenheit und der Transport der Figur in das KHM waren für den RH nicht nachvollziehbar. Der STANDARD richtete diesbezüglich bereits vor Wochen mehrere Fragen an das Bildungsministerium. Sie wurden bisher nicht beantwortet.

Seipel kam nach Studium der Kritikpunkte gegenüber der APA zu folgendem Schluss: "Es hat sich niemand bereichert. Der übermittelte Prüfbericht stellt keine wesentlichen Fehler, keine persönliche Bereicherung und kein fahrlässiges Verhalten bei der Prüfung des Kunsthistorischen Museums fest. 6,6 Millionen Besucher seit der Ausgliederung, Umsatzerlöse, die sich seit der Ausgliederung nahezu verdoppelt hätten, Sammlungsankäufe um über 6,2 Millionen Euro, die aus eigener Kraft finanziert worden seien und 101 Sonderausstellungen in fünf Jahren seien der Beweis dafür, "dass unser Weg der richtige ist". (trenk/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2005)