Jugendliche werden laut Haberzettl bei der ÖBB nur noch als "Auszubildender", nicht mehr als Lehrlinge beschäftigt. Das würde heißen, dass sie im ersten Ausbildungsjahr nur ein geringes Taschengeld erhalten, im zweiten Lehrjahr ein Drittel der bisherigen Lehrlingsentschädigung und im dritten Lehrjahr gar nur mehr ein Viertel davon.

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Wien - "Während das Verkehrsministerium nicht müde wird, sich mit dem Erhalt der bis jetzt jährlich 358 neuen Lehrplätze bei den ÖBB zu rühmen, hat die Unternehmensseite bis jetzt nur 54 Lehrlingen einen Ausbildungsplatz zugesichert", kritisierte am Mittwoch der Chef der Eisenbahnergewerkschaft (GdE), Wilhelm Haberzettl, in einer Aussendung. Stimmt so nicht, konterte unmittelbar darauf ÖBB-Vorstandssprecher Martin Huber.

"Wahr ist vielmehr, dass bereits 68 verbindliche Zusagen für Neuaufnahmen getroffen wurden, die den ÖBB-Eigenbedarf abdecken. Das Management ist darüber hinaus überzeugt, heuer noch mindestens weitere 258 Ausbildungsplätze realisieren zu können, wobei derzeit noch die Finanzierung verhandelt wird", so Huber. Er sprach von "reiner Oppositionspolitik im Vorfeld der Betriebsratswahlen in drei Wochen".

Neuer Typ Lehrling

Die von Huber angekündigten zusätzlichen 258 Plätze für Jugendliche sind laut Haberzettl allerdings ein "neuer Typ von Lehrling, der keinen Lehrvertrag, keine Lehrlingsentschädigung und auch keine den echten Lehrlingen zustehenden Rechte besitze, sondern quasi als 'Auszubildender' nur ein Taschengeld erhält, das beispielsweise im ersten Lehrjahr nur die Hälfte der bisherigen Lehrlingsentschädigung beträgt, im zweiten Lehrjahr ein Drittel und im dritten Lehrjahr gar nur mehr ein Viertel der Lehrlingsentschädigung".

Verzicht auf rund 70 Prozent

Insgesamt würde damit jeder dieser Auszubildenden bei den ÖBB während seiner Ausbildungszeit gegenüber der Lehrlingsentschädigung auf rund 70 Prozent verzichten müssen. Dies führe laut Haberzettl dazu, dass in naher Zukunft 10 der 12 Lehrwerkstätten der ÖBB in ganz Österreich von der Schließung bedroht seien.

Mit rund 1.300 Ausbildungsplätzen sind die ÖBB einer der größten Lehrstellenanbieter Österreichs, betont das Staatsunternehmen. Der Großteil der Lehrlinge wurde bisher nicht für den eigenen Bedarf, sondern für die übrige Wirtschaft ausgebildet. Diesbezüglich würden auch Gespräche mit der Industriellenvereinigung wegen der Übernahme von Lehrlingen stattfinden, so Huber.

Laut Verkehrs-Staatssekretär Helmut Kukacka (V) gibt es bei den Bundesbahnen im Lehrjahr 2004/2005 insgesamt 438 Lehrlinge - um 80 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Stimmt nicht, sagte die GdE, es sind genauso so viele wie im Vorjahr (358).

80 neue Auszubildende

Beide haben recht, sagten wiederum die ÖBB. Es gebe derzeit 358 Lehrlinge und 80 sollen dazu kommen. Diese bekämen allerdings keinen Lehr- sondern einen Ausbildungsplatz. Sprich es gibt keine Übernahmepflicht für das Unternehmen nach Beendigung der Lehrzeit. Bezahlt werden diese 80 Personen vom AMS. Wann sie mit der Ausbildung beginnen, steht laut ÖBB noch nicht fest. Insgesamt wären im Jänner 2005 rund 1.300 Lehrlinge bei den ÖBB beschäftigt gewesen.

(APA)