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Israels Außenminister Silvan Shalom fürchtet um den Friedesnprozess: "Ich denke, der gesamte Prozess ist in Gefahr, so lange (die radikalislamische) Hamas Raketen auf Israel abfeuert. Wir können das nicht akzeptieren, wir können damit nicht leben."

Foto: Reuters/FABRIZIO BENSCH
Berlin - Der israelische Außenminister Silvan Shalom sieht den Nahost-Friedensprozess nach den jüngsten Angriffen radikaler Palästinenser auf Israel akut gefährdet. Der Beschuss Israels aus dem Gaza-Streifen und die Angriffe auf jüdische Siedlungen in Gaza hätten die Region in den vergangenen 24 Stunden in eine sehr gefährliche Lage gebracht, sagte Shalom am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin.

Räumung jüdischer Siedlungen in Gefahr

Mit Blick auf den im Februar nach mehr als vier Jahren der Gewalt vereinbarten Waffenstillstand mit den Palästinensern und die damit verbundene Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses sagte Shalom: "Ich denke, der gesamte Prozess ist in Gefahr, so lange (die radikalislamische) Hamas Raketen auf Israel abfeuert. Wir können das nicht akzeptieren, wir können damit nicht leben." Auch die von Ministerpräsident Ariel Sharon angekündigte Räumung jüdischer Siedlungen im Gaza-Streifen sieht Shalom durch das bisher stärkste Wiederaufflammen der Gewalt seit der Waffenstillstands-Vereinbarung in Frage gestellt: "Israel hat mehr als einmal klar gemacht, dass es keine Umsetzung des Abzugsplans geben wird, wenn dieser unter Feuer stattfinden würde", sagte der Likud-Politiker.

Angriffe verhindern

Diese Linie sei Palästinensern, der US-Regierung und auch den europäischen Staaten wohl bekannt. Frieden könne es nur geben, wenn die Palästinenser ihre im Februar im ägyptischen Sharm el Sheikh eingegangenen Verpflichtung nachkämen, Angriffe auf Israel zu verhindern. "Sie wurden verpflichtet, Terror und Gewalt ein Ende zu setzen, und sie müssen es umgehend tun", forderte Shalom. "Andernfalls werden wir uns auf dem gleichen alten Weg der Gewalt wiederfinden", warnte er.

Shalom warf dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vor, den Frieden durch strategische Fehler zu gefährden. Auch das politische Überleben des Arafat-Nachfolgers stehe dabei auf dem Spiel. Das Versprechen an radikale Gruppen wie die Hamas, sie nicht zu zerschlagen, gebe den radikalen Feinden Israels eine Schlüsselrolle in die Hand. "Damit gab er ihnen die Macht zu entscheiden, wann sie die den gesamten Friedensprozess in die Luft jagen wollen." Die zögerliche Haltung Abbas' gebe den radikalen Gruppen die Möglichkeit, sich im Vorfeld der Parlamentswahlen in den Autonomiegebieten im Juli als nationalistische Kraft mit extremen Positionen zu profilieren. Abbas müsse noch vor seinem Besuch bei US-Präsident George Bush Ende des Monats alles unternehmen, was er könne, um Ruhe und Frieden in die Region zurückzubringen. "Er hat nur eine Möglichkeit, er muss sich entscheiden, die Infrastruktur der terroristischen Organisationen zu zerschlagen. Das ist eine strategische Entscheidung, zu der er nicht bereit ist, und mit dieser Weigerung gibt er Hamas eine riesige Unterstützung." Nur mit einer raschen Zerschlagung der militärischen Fähigkeiten der radikalen Gruppen könne Abbas seine Regierung stabil halten und selbst an der Macht bleiben.

Neuerliche Spannungen

Radikale Palästinenser hatten zuletzt am Donnerstag drei Kassam-Raketen aus Gaza auf israelisches Gebiet abgefeuert und damit die seit Tagen andauernden neuerlichen Spannungen weiter verstärkt. Auch auf jüdische Siedlungen in Gaza wurden insgesamt zehn Granaten abgefeuert. Im Zuge der jüngsten Eskalation hatte Israel erstmals seit der Vereinbarung der Waffenruhe einen Luftangriff gegen radikale Palästinenser geflogen, die zuvor eine jüdische Siedlung angegriffen hatten. Ministerpräsident Sharon wollte noch am Donnerstag mit den Spitzen der Sicherheitskräfte darüber entscheiden, wie auf die Eskalation zu reagieren sei. Verteidigungsminister Shaul Mofaz wies die Armee an, "alle notwendigen Mittel" gegen palästinensische Raketen- und Granatenangriffe aus dem Gaza-Streifen anzuwenden. Aus Sicherheitskreisen hieß es, jede Reaktion auf einen Beschuss werde abgewogen und angemessen ausfallen. Damit wolle Israel eine Eskalation vermeiden, die den für Mitte August geplanten israelischen Abzug erschweren könne. (APA/Reuters)