Barbusige Mädchen mit Blumenketten tanzen zu Ukulelenklängen Hula Hula - so sieht für viele ist das Klischee vom Hawaii aus. Nicht zu vergessen die großblumigen, knallig bunten Stoffe der Wickelröcke und Hemden. In mehr als 100 Jahren haben die exotischen Motive einen Siegeszug von Amerika bis Japan und von Skandinavien bis Australien vollzogen. Spätestens Elvis Presley in "Blue Hawaii" und Tom Selleck als "Magnum" haben diese Hawaii-Hemden als Strand-Outfit etabliert.

Modisches Kultobjekt oder stilistische Todsünde - die Schau "Materialisierte Sehnsüchte" in Erfurt in Deutschland geht der Kulturgeschichte der farbenfrohen Kleidungsstücke nach.

Volkskundemuseum Erfurt

Seinen Ursprung hat das Hemd auf den von James Cook 1778 entdeckten Inseln. Um 1820 kamen die ersten Missionare auf die Insel. Und bald war es vorbei mit der Freizügigkeit der Polynesier. Mit der Christianisierung mussten die Ureinwohner der Inselgruppe im Pazifik ihre bis dato als normal geltende Blöße bedecken. Immerhin: Die aufgezwungene Kleidung war farbenprächtig. "Im ausgehenden 19. Jahrhundert brachten die Japaner und Chinesen ihre Stoffe auf die Insel, die dort mit Blumenmotiven bemalt wurden", sagt der Kulturwissenschaftler und Leihgeber der Erfurter Ausstellung, Andreas Seim, vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe.

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1898 annektierten die USA die Republik Hawaii. Die Südseeinsel wurde zum Urlaubsparadies für Amerikaner. Von der Weltwirtschaftskrise schwer getroffen, verkaufte der in Honolulu lebende chinesische Schneider Ellery Chun 1933 für 1,95 US-Dollar die ersten Hemden mit den berühmten Blumenmotiven. "Kurz darauf ließ er die Marke "Aloha Shirt" registrieren." Der Siegeszug der hawaiianischen Garderobe begann.

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"Presley brachte den Modewahnsinn nach Europa und damit den Freizeitmodetrend der 50er Jahre", fährt Seim in seinem Geschichtsexkurs fort: Die 68er-Generation habe sich von den bunten Farben aus Protest gegen den Vietnamkrieg abgewendet. "In den 80ern wurde der Hawaii-Look wieder belebt - selbst in der DDR. Und seit 2001 darf es erneut etwas bunter sein."

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Der Chef des Deutschen Instituts für Herrenmode in Köln, Gerd Müller-Thomkins, führt das Überleben dieser Mode auf die Sehnsucht nach Natürlichkeit und Ruhe zurück. "Der Eskapismus Gauguins zum Südseeparadies steckt bis heute in den Motiven der Hawaii-Hemden: exotische Blumen, Surfer oder der Strand von Waikiki in Honolulu." Das Gefühl verkaufen Billigketten genauso wie Versace und Gucci. "Sie sind eben in allen Preislagen für die einen Kult und für die anderen der blanke Kitsch." (apa/red)

Info: Volkskundemuseum Erfurt

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