Bild nicht mehr verfügbar.

Hickersberger: "Die WM-Qualifikation 1990 war bisher mein größter Erfolg, das gilt auch jetzt, selbst wenn wir das Double machen. Das wäre nur von einer Qualifikation für die Champions League zu übertreffen."

Foto: APA/ Artinger
Wien - Seine Bestellung zum Trainer des österreichischen Fußball-Rekordmeisters SK Rapid vor knapp drei Jahren hatte für einige Skepsis gesorgt, im Frühjahr 2003 galt die Entlassung von Josef Hickersberger nach einer Negativserie in der Öffentlichkeit sogar als beschlossene Sache. Nun hat der frühere ÖFB-Teamchef die Hütteldorfer zum 31. Meistertitel geführt und damit alle Kritiker endgültig zum Verstummen gebracht.

Waren Sie wirklich auf dem Golfplatz, als Rapid Meister wurde?
Hickersberger: "Ich habe schon Golf gespielt, aber ich war sehr gut informiert. Im Fernsehen habe ich Pasching - Austria nicht mitverfolgt, das wäre zu Nerven aufreibend gewesen."

Warum ist Rapid Meister geworden?
Hickersberger: "Mehrere Faktoren waren ausschlaggebend, in erster Linie die eigenen Stärken. Natürlich haben wir auch von günstigen Faktoren profitiert. Da meine ich in erster Linie die sensationellen Leistungen der Austria im UEFA-Cup, die aber andererseits dafür in der Meisterschaft Tribut zollen musste. Auch haben wir davon profitiert, dass der GAK im Herbst in einer Phase, in der er UEFA-Cup gespielt hat, einige Punkte liegen gelassen hat. Bei Pasching ist uns zu Gute gekommen, dass die Probleme mit dem Weggang von Mayrleb, Kirchler und Jezek die Atmosphäre im Klub gestört haben. Dass wir drei Runden vor Schluss als Meister feststehen, hat sich niemand träumen lassen."

Wie groß ist die Genugtuung, sich im Titelrennen gegen den favorisierten Erzrivalen Austria durchgesetzt zu haben?
Hickersberger: "Wir haben nicht gegen Austria, GAK oder Pasching gespielt. Wir wollten unsere eigenen Träume verwirklichen und für unsere Fans Meister werden, die uns als zwölfter Mann in den Heimspielen so geholfen haben."

Wie schwierig wird eine erfolgreiche Titelverteidigung?
Hickersberger: "Natürlich macht man sich Gedanken, welche Spielstärke die Klubs in der kommenden Saison haben. Bei Salzburg kann man die Hoffnung haben, dass ein so kurzfristig zusammengekaufter Kader im ersten Jahr noch nicht den Meistertitel schafft. Für einen UEFA-Cup-Platz reicht es hundertprozentig. Die Austria ist immer haushoher Favorit, wird am Transfermarkt wieder zuschlagen. Beim GAK ist das Fragezeichen, ob er Schlüsselspieler halten kann. In Pasching gibt es eine schwierige Situation, weil drei Leistungsträger weggehen. Von dieser Ausgangsposition könnten wir noch einmal profitieren."

Wird Steffen Hofmann auch in der kommenden Saison für Rapid spielen?
Hickersberger: "Ich habe mit ihm sehr viel Kontakt und ein absolutes gegenseitiges Vertrauensverhältnis, wie es noch mit keinem Kapitän der Fall war. Es hängt davon ab, wie er die Transfermöglichkeiten einschätzt. Es geht da nicht nur um Geld, da sind auch andere Faktoren zu berücksichtigen. Steffen ist so ein intelligenter Mann, dass er sich seine Entscheidung sehr genau überlegen wird und sich auch mit mir besprechen wird. Für ihn könnten wir keinen gleichwertigen Spieler verpflichten, das steht fest. Daher müssten wir unsere Spielanlage ändern. Wir müssten irgendwie versuchen, das zu kompensieren, wobei man nicht weiß, ob es gelingt."

An welchen Positionen muss sich Rapid für die kommende Saison verstärken?
Hickersberger: "Handlungsbedarf besteht ganz klar in der Innenverteidigung. Das muss ein absoluter Klassespieler sein. Jetzt haben wir auch noch Katzer verloren, ihn können wir aus dem jetzigen Kader nicht adäquat ersetzen. Daher brauchen wir einen Spieler mit Erfahrung und Qualität, der ein Jahr lang die Position von Katzer spielt. Was Kincl betrifft habe ich Geduld. Da müssen Verhandlungen geführt werden. Ich glaube, wir werden mit einem sehr guten Kader in die neue Saison gehen."

Welche Ziele steckt sich Rapid für die kommende Saison?
Hickersberger: "Es wäre ein Traum, die Champions-League-Qualifikation zu schaffen. Das wäre ein Wunder für einen österreichischen Verein. In der Meisterschaft den Titel zu verteidigen wäre ein großes Ziel."

Vor einigen Monaten hatten Sie angedeutet, Rapid im Falle des Titelgewinns möglicherweise zu verlassen. Wie ist Ihr derzeitiger Standpunkt?
Hickersberger: "Ich werde definitiv die nächste Saison Rapid-Trainer sein, mit der Einschränkung, dass wir eine Mannschaft haben, mit der man in die Champions League gehen kann, ohne sich zu blamieren, und mit der man in der Meisterschaft wieder eine gute Rolle spielen kann. Ich habe vor einem Jahr im Konjunktiv gesagt, wenn Rapid Meister wird, wäre es der richtige Augenblick, den Verein zu verlassen. Da hat sich meine Meinung nicht geändert - ich bin noch immer im Konjunktiv."

Bleibt eine Rückkehr in die "Wüste", wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt, für Sie ein Thema?
Hickersberger: "Ich möchte wieder im arabischen Raum arbeiten, weil ich da viel mehr Zeit für mich selbst habe. Das ist etwas, was mir bei Rapid völlig fehlt."

Ist der Meistertitel mit Rapid für Sie der Höhepunkt als Trainer?
Hickersberger: "Nein. Die WM-Qualifikation 1990 war bisher mein größter Erfolg, das gilt auch jetzt, selbst wenn wir das Double machen. Das wäre nur von einer Qualifikation für die Champions League zu übertreffen."

Wie haben Sie Situation im Frühjahr 2003 miterlebt, als viele Ihre Ablöse forderten?
Hickersberger: "Da haben mir einige ein Kamel vors Hanappi-Stadion stellen wollen, damit ich schnell wieder in die Wüste gehe. Ich kann aber mit solchen Situationen ganz gut umgehen, weiß, dass Erfolg und Misserfolg im Fußball oft an einem seidenen Faden hängen. Ich habe Glück gehabt, dass Präsident Edlinger auf Kontinuität gesetzt hat. Bei neun anderen Präsidenten in der Liga wäre ich vielleicht weg gewesen. Spieler brauchen eben Zeit, um sich zu entwickeln. Wenn man an der Vereinsspitze eine positive Entwicklung bemerkt und Geduld hat, wird man fast immer belohnt."

Es heißt, Sie hätten einen sehr guten Draht zur Mannschaft. Stimmt diese Einschätzung?
Hickersberger: "Der Umgang ist von gegenseitigem Respekt geprägt, darauf lege ich großen Wert. Darum bin ich auch bei Feiern nicht dabei. Da könnte die notwendige Distanz zwischen Trainer und Spielern verloren gehen. Die Spieler können auch ohne mich gut feiern." (APA)

  • Zur Person:

    Josef Hickersberger wurde am 27. April 1948 in Amstetten geboren. Er ist verheiratet mit Gattin Renate, hat zwei Kinder, Michaela und Thomas.

    Trainerkarriere:
    1987: U21-Teamchef
    Dez. 1987-1990: ÖFB-Teamchef (WM-Teilnahme Italien 1990) - 29 Länderspiele (zehn Siege, sieben Remis, zwölf Niederlagen)
    1991: Fortuna Düsseldorf
    1993/1994: Austria Wien (Cupsieger, Vizemeister, Stadthallensieger)
    1995-1997: Al Ahli (Bahrain) - Meister 1995/1996
    1996: Teamchef Bahrain - 10 Länderspiele
    1997-1999: Arab Contractors (EGY) - ein Cupfinale, ein dritter Platz
    1999/2000: Al Shaab (VAE)
    2000/01: Al Wasl (VAE)
    2001/2002: Al Etehad Sports Club (Katar) - Meister, Cupsieger
    seit Juni 2002: SK Rapid Wien (Meister 2005, Einzug ins Cupfinale 2005, Stadthallensieger 2004) Meisterschaftsbilanz mit Rapid: 105 Spiele - 50 Siege - 29 Remis - 26 Niederlagen (Torverhältnis 155:108) Europacup: 4 Spiele - 1 Sieg - 1 Remis - 2 Niederlagen (3:5) ÖFB-Cup: 9 Spiele - 7 Siege - 2 Niederlagen (18:9)

    Sonstiges: Mitglied der technischen Kommission der UEFA für die Champions-League 1992 (gemeinsam mit Heynckes, Houllier), FIFA-Ausbilder an der 4. "Asian Coaching School" in Malaysia 1992

    Karriere als Spieler:
    1966-1972: Austria Wien (2 x Meister, 2 x Cupsieger)
    1972-1976: Kickers Offenbach
    1976-1978: Fortuna Düsseldorf (1 x DFB-Cup-Finalist)
    1978-1980: SSW Innsbruck (1 x Cupsieger)
    1980-1982: SK Rapid (1 x Meister)

    39 ÖFB-Länderspiele (5 Tore), Mitglied der legendären Cordoba-Mannschaft.