Beirut - Die bevorstehenden Parlamentswahlen im Libanon werden von Expertengruppen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union überprüft. Die UNO-Delegation wird im Auftrag von Generalsekretär Kofi Annan von der Divisionsdirektorin Carina Perelli, jene der EU von dem konservativen spanischen Europaabgeordneten Ignacio Salafranca Sanchez-Neyra geleitet, wie in Beirut mitgeteilt wurde. Die 128 Parlamentsmitglieder - 64 Christen und 64 Muslime - werden an vier Sonntagen - 29. Mai, 5., 12. und 19. Juni - gewählt.

Die etwa hundertköpfige EU-Gruppe sei beauftragt, eine "detaillierte Analyse des Wahlprozesses" vorzunehmen, heißt es in einem EU-Kommuniqué. Die Europäische Union wolle "das Vertrauen der libanesischen Stimmbürger" in die Wahlen stärken, "Transparenz garantieren" und "allfällige Beschwerden" registrieren.

Die Wahlbeobachter seien sich der Probleme im Zusammenhang mit dem Wahlgesetz bewusst, erklärte Salafranca nach Gesprächen mit libanesischen Regierungs- und Oppositionsvertretern und religiösen Würdenträgern. "Die Kontakte haben ergeben, dass sich ein Konsens in der Frage eines neuen Wahlgesetzes nicht erreichen lässt", bedauerte der EU-Delegationschef am Donnerstag vor der Presse.

Die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes war an der Uneinigkeit zwischen dem Block der Anhänger des ermordeten sunnitischen Ex-Premiers Rafik Hariri und dessen christlichen Verbündeten gescheitert. Nach dem syrischen Militärabzug Ende April war die überkonfessionelle antisyrische Opposition zerfallen.

Der aus dem französischen Exil zurückgekehrte frühere Armeechef Ex-General Michel Aoun hat den freien Charakter des Urnengangs in Frage gestellt und der antisyrischen Opposition vorgeworfen, "sich selbst zu zerstören". Bei den Wahlen gehe es um eine "legale Fälschung", erklärte der populäre antisyrische Christenführer am Mittwoch in Beirut. Das geltende Wahlgesetz sei "ungesund" und schreibe die syrische Bevormundung fest. Mit einem solchen Wahlsystem könne es keine "Erneuerung des demokratischen Lebens" geben, warnte Aoun.

Nach der gegenwärtigen Wahlkreisstruktur würden nur 15 der 64 christlichen Mandatare von einer mehrheitlich christlichen Wählerschaft gewählt, für die Wahl der übrigen 49 würden muslimische Stimmen ausschlaggebend sein. Die Bischöfe der maronitischen Kirche, der mit Abstand stärksten christlichen Gemeinschaft im Libanon, hatten das geltende Wahlgesetz als "Verletzung der islamisch-christlichen Koexistenz" scharf verurteilt. "Es kann auf der Grundlage dieses Gesetzes keine gerechten Wahlen geben", hatte der maronitische Patriarch Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir erklärt. (APA)