Vor einigen Jahren waren indische Entwickler das Wundermittel gegen den heimischen IT-Arbeitskräftemangel. Dann kam die große Post-Bubble-IT-Krise, und die Inder blieben zu Hause, um dort Outsourcing-Jobs zu übernehmen und ihre eigene Wirtschaft anzukurbeln. Jetzt zeigen sie uns dafür, in welche Richtung ein Teil der PC-Entwicklung gehen muss.

Unterschiedliche Modelle

Encore Software, ein indischer Hersteller, hat einen PC namens "Mobilis" um 10.000 Rupien, rund 180 Euro, zur Marktreife entwickelt. Die nur 750 Gramm schweren Low-Cost-Geräte gibt es in verschiedenen Modellen - als Desktop, notebookartiges Mobilgerät oder "intelligentes Display" fürs Auto - zu ähnlich niedrigen Preisen. Encore will die Geräte in erster Linie in Indien und anderen Emerging Markets" verkaufen.

Lektion für Europa und die USA

Für den Gebrauch von PCs in industrialisierten Ländern in Europa oder den USA hält der Mobilis eine Lektion bereit, wie sich ein Teil unserer PCs entwickeln muss. Denn das Ding ist nicht so billig, weil Arbeitskraft in Indien so billig ist; menschliche Arbeit ist nur ein kleiner Teil der Herstellungskosten. Der Mobilis ist billig, weil er sich zweckmäßig auf einfache Komponenten beschränkt, wie sie für viele Aufgaben ausreichend sind. Ein 400-Megahertz-Intelprozessor, 128 Megabyte RAM, abgespeckte Software - auf solch simple Ausstattung greift unsere Industrie schon seit Jahren nicht mehr zurück, weil durch immer höhere Leistung dem Preisverfall entgegengewirkt wird.

Wegweisend

Aber für das Internetzeitalter, das eben erst begonnen hat, ist dieser Rückgriff auf einfache und damit billige Komponenten wegweisend. Denn wir brauchen für diese neue Ära ein Werkzeug, das so billig und im Überfluss verfügbar ist wie heutzutage Papier und Bleistift, Bücher und Zeitungen. Ein Display zum Lesen von Web-Content und E-Mail um 200 Euro: Das gibt es paradoxerweise noch immer nicht, obwohl Online dabei ist, das Leitmedium unserer Kultur zu werden. Ein Online-Endgerät, von dem mehrere Stücke in jedem Haushalt herumliegen, damit jeder in der Familie eins benutzen kann, das in jeder Schultasche steckt und in Kaffeehäusern so aufliegt wie die Zeitungen.

Solche Endgeräte herzustellen wäre der Industrie ein Leichtes. Aber sie fürchtet den Paradigmenwechsel von teuren PCs und Notebooks zu billigen Onlinegeräten (die dafür in viel größerer Stückzahl verwendet werden würden). Diese Verweigerung führt zu immer neuen, teuren Flops - Tablet PCs, "Smart Displays". Darum: Indien, führe uns in die Zukunft. (DER STANDARD, rondo, Printausgabe vom 20.5.2005)