Und erst recht, wie es dann weitergeht mit den Bekenntnissen: Der Glaube an Jesus Christus, "empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria", "gekreuzigt, gestorben und begraben" - das wörtlich zu glauben fällt vielen schwer, erst recht das Bekenntnis zur "Auferstehung des Fleisches" (oder, wie man jetzt betet: "der Toten").
Schwer zu glauben.
Aber die Lehren der Religion zu glauben war wahrscheinlich immer schwierig, auch als man über Leben und Tod noch nicht so viel zu wissen vermeint hat wie heute.
Nur haben die Kirchen, bei uns eben die vorherrschende römisch-katholische Kirche, das Mysterium des Glaubens in früheren Zeiten offenbar besser erklären können. Weil die Verkünder des Glaubens mit ihrer jenseitsorientierten Botschaft immer weniger gehört wurden, haben sie sich in den letzten Jahrzehnten darauf verlegt, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind.
Maximilian Aichern, der jetzt mit 73 Jahren in eine Art pastorale Frühpension geschickt wurde, ist ein vorbildliches Beispiel dafür: Er scheute sich nicht, mit Gewerkschaftern eine Front zur Erhaltung der Sonntagsruhe zu bilden, er nahm die Sorgen der Menschen um Arbeit und Lebensunterhalt ernst und mahnte die Politik, nicht nur den Geldwert der von den Menschen erwirtschafteten Werte zu sehen.
Das ist gut und schön und wahrscheinlich auch gottgefällig - es entspricht jedenfalls dem, was der verstorbene Papst Johannes Paul II. gepredigt und vorgelebt hat. Aber es fehlt bei all dem sozialen Engagement eben doch etwas: nämlich der Bezug zum Jenseits. Einer Kirche, die die Caritas lebt, aber den Glauben nicht wirksam verkündet und gegen Zweifler verteidigt, geht über kurz oder lang die Existenzberechtigung verloren.
Lange hat man das in Österreich überspielt. Man hat Kardinal Franz König verehrt, der so menschlich über die Sorgen der Österreicher sprechen konnte; der so selten gemahnt und so oft ermuntert hat. In dem ausgerechnet am Tag des Rücktritts von Aichern in Österreich bekannt gewordenen (aber schon vor zwei Jahren auf Italienisch veröffentlichten) Bericht des seinerzeitigen apostolischen Nuntius Mario Cagna über die Situation der Kirche vor 1985 steht ganz klar, was in jener Zeit aus römischer Sicht versäumt wurde: die Doktrin hochzuhalten und für die Religion zu kämpfen - auch gegen die Lauen in den eigenen Reihen.
Die römische Kur war radikal: Mystiker und Dogmatiker wurden auf Bischofssitze gehievt, auf denen vorher verbindlich-freundliche und vor allem sozial engagierte Seelsorger gesessen waren. Vor den Seelsorgern der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil brauchte keiner davonzulaufen, so harmlos waren sie. So sind die Menschen geblieben, wenn auch ohne inneres oder gar äußeres Glaubensbekenntnis. Die neuen Kirchenherren aber konnten diese Taufscheinkatholiken nicht mehr in der Kirche halten.
Mit der Offenheit war es rasch vorbei. Aber die wiederentdeckte Mystik, die jenseitigen Versprechungen, die Liebe zur Gottesmutter und der inflationär wachsenden Gemeinschaft der Heiligen konnte nur eine Minderheit begeistern. Die Skandale der Kirche waren für viele nur der letzte Anstoß auszutreten.