Finanzminister Karl-Heinz Grasser lässt derzeit keine Peinlichkeit aus. Bei einer Pressekonferenz am Freitag, die wahrscheinlich zur Ablenkung von seinem Capri-Abenteuer dienen sollte, verkündete er noch vollmundig die Ausweitung der geförderten Zukunftsvorsorge und des Bausparens, sagte aber nicht dazu, wie das finanziert werden soll. Erst am Dienstag sickerte durch, dass Grasser im Gegenzug Kapitalertragsteuer für Wohnbauanleihen einheben will.

Und das in Zeiten, in denen die Nachfrage nach Wohnungen größer ist als das Angebot, die Neubautätigkeit massiv zurückgeschraubt wurde und die Listen der vorgemerkten Wohnungssuchenden bei den gemeinnützigen Bauvereinigungen immer länger werden. Und ganz generell die Ausgaben für Wohnen ständig die Inflationsrate nach oben treibt. Genau da streicht Grasser eine Förderung, deren einzige Aufgabe es ist, dem geförderten Wohnbau billiges Anleihegeld zur Verfügung zu stellen.

Es ist schon richtig, dass die bis zu einer Verzinsung von vier Prozent von der Kapitalertragsteuer (KESt) befreiten Wohnbauanleihen aus einer Zeit stammen, als das Zinsniveau bei acht Prozent lag. Doch wie wäre es mit einem Vorschlag zur Güte: Die KESt-Befreiung wird nicht gänzlich gestrichen, sondern variabel gestaltet und an den Kapitalmarkt angepasst. Zum Beispiel: die aktuelle Verzinsung der Bundesanleihe abzüglich 1,5 Prozent. Dann wären die Wohnbauanleihen bis zu zwei Prozent von der KESt befreit. Derzeit haben die Wohnbauanleihen einen Kupon von rund 3,8 Prozent, der Minister bekäme also rund zwei Prozent KESt statt null. Man könnte sogar so weit gehen, den Anleiheerlös nicht nur für den Wohnbau, sondern auch für den Bau von Pflegeheimen, Spitälern oder Eisenbahnstrecken freizugeben. Doch damit hat ein Jetset-Minister nichts am Hut. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.5.2005)