Wien - Vor dem Hintergrund anhaltender Proteste gegen die Regierung für mehr Demokratie und gegen Korruption wählen die Mongolen am kommenden Sonntag (22. Mai) ein neues Staatsoberhaupt. Favorit ist der Vorsitzende der ex-kommunistischen Revolutionären Volkspartei (MRVP), Parlamentspräsident Nambaryn Enkhbayar (46), obwohl ihm vorgeworfen wird, öffentliche Gelder in Höhe von 3,5 Milliarden Tugrik (rund 2,4 Millionen Euro) unterschlagen zu haben.

Aussichtsreichster von insgesamt drei Gegenkandidaten ist Ex-Regierungschef Mendsaikhan Enkhsaikhan (50) von der Demokratischen Partei (DP). Auf Wahlplakaten ist der Vorsitzende des Außen- und Sicherheitsausschusses des Großen Volkshurals (Parlament) mit der Aussage "Ich werde die Korrupten bestrafen" zu sehen. Die Korruptionsbekämpfung zählt allerdings zu den Versprechen aller Kandidaten.

Umweltschäden durch ausländische Firmen

Auf seiner Wahlkampftour durch das 2,7-Millionen-Einwohner-Land, das mehr als 18 mal so groß ist wie Österreich, sagte Enkhsaikhan, der Lokalbevölkerung zu, Abhilfe in puncto Umweltschäden zu schaffen, die die Bergwerksaktivitäten ausländischer Unternehmen verursacht haben. Kupferkonzentrat und Gold gehören zu den wichtigsten Exportgütern des von der Viehzucht geprägten Landes.

Bazarsad Jargalsaikhan, Kaschmir-Wollunternehmer und Führer der Republikanischen Partei, bemüht sich vor allem um die Stimmen der jungen Bürger. Ihm werden genauso wie Ex-Verteidigungsminister Badarch Erdenebat von der Mutterland Partei aber kaum Chancen auf das Präsidentenamt eingeräumt.

Seit Monaten demonstrieren Dutzende Aktivisten der "Bürgerbewegung für eine gerechte Gesellschaft", auf Kanistern trommelnd, mit ihren gelben Halstüchern täglich auf dem Sukhbaatarplatz in Ulan Bator unter anderem für die Möglichkeit, korrupte Abgeordnete in dem früheren Sowjet-Satellitenstaat abberufen zu können. Sie fordern auch Ermittlungen wegen Unterschlagung gegen Enkhbayar. Schon mehrmals haben sie Regierungsgebäude mit Eiern und Paradiesern beworfen.

Scheidender Präsident

Inspiriert vom Umsturz in Kirgisien gingen rund tausend Mongolen Ende März auf die Straße. Wie breit der Rückhalt ist, den die "Bewegung" in der Bevölkerung besitzt, ist fraglich. Das staatliche Fernsehen, das stark von der MRVP beeinflusst zu sein scheint, spielt die Proteste laut Beobachtern herunter oder verschweigt sie.

Das scheidende Staatsoberhaupt Natsagiin Bagabandi (55) darf nach zwei Amtsperioden nicht mehr erneut kandidieren. Im Juli 2003 kam Bagabandi zu einem Staatsbesuch nach Österreich. Bei diesem Anlass wurde die mongolische Botschaft in Wien eröffnet. Acht Jahre davor hatte er schon in seiner Funktion als Parlamentspräsident Österreich besucht. Enkhbayar war Anfang 2005 in der Bundeshauptstadt zu Gast.

Die Umwelt (Versandung des Bodens), die Arbeitslosigkeit, die Armut und der Alkoholismus zählen zu den größten Problemen der Mongolei seit den 90er Jahren. Um die Jahrtausendwende führten Dürre und strenge Winter zu einem folgenreichen Einbruch in der landwirtschaftlichen Produktion. Das erhebliche Wirtschaftswachstum im Vorjahr, das nach offiziellen Angaben 10,2 Prozent betrug, hat sich bisher nicht auf den Lebensstandard der Bevölkerung auswirken können.

Der Präsident in der Mongolei wird auf vier Jahre gewählt. Er kann sein Veto gegen Parlamentsbeschlüsse einlegen, das aber mit qualifizierter Mehrheit überstimmt werden kann. Das Staatsoberhaupt hat zudem Befugnisse in der Außen- und Sicherheitspolitik und bei der Bestellung von Richtern. Er schlägt einen Ministerpräsidenten vor, und er kann auch die Abberufung einer Regierung vorschlagen. (APA)