Die Tschechen feierten in der Stadthalle mit Kind und Kegel.

Wien - Vier Minuten und einige Sekunden ist das Finale alt, Tschechiens Superstar Jaromir Jagr zieht am rechten Flügel mit der Scheibe ins gegnerische Drittel. "Wegen meiner Fingerverletzung", wird Jagr später sagen, "konnte ich nicht schießen. Deshalb hab ich immer meine Mitspieler gesucht. Die Kanadier haben das gewusst und gut gedeckt."

Tatsächlich konzentrieren sich im Zentrum drei Kanadier auf Martin Rucinsky, dem es mit aller Kraft und gegen alle gegnerische Bemühungen einen Augenblick lang gelingt, seinen Schläger aufs Eis zu bekommen. Es ist der Augenblick, auf den Jagr gewartet hat, scharf passt er herein, die Scheibe springt von Rucinskys Schläger Richtung Tor und von der Stange zurück. Die drei Kanadier hängen nach wie vor an Rucinsky, da kommt Vaclav Prospal daher und netzt ein. Jagr am rechten Flügel dreht jubelnd ab. Und die Dinge nehmen ihren Lauf.

Jagr der Assist-Geber

Einen weiteren Jagr-Assist (zum 2:0 durch Rucinsky) und ein Empty-Net-Tor (zum 3:0 durch Josef Vasicek) später ist Tschechien Weltmeister. Zum fünften Mal insgesamt und nach 1996 zum zweiten Mal in Wien. Jagr wird als 15. Spieler nach sechs Russen, vier Kanadiern und vier Schweden in den "Triple Gold Club" aufgenommen. Nun hat auch der Star der New York Rangers gewonnen, was es zu gewinnen gibt, den Stanley Cup (1991, 1992 mit Pittsburgh), Olympia-Gold (1998) und eben den WM-Titel. Jagr (33): "Schön, so erfolgreich zu sein."

Der kanadische Traumsturm zerbrach im Endspiel an der tschechischen Abwehr, hinter der sich noch der beste Goalie des Turniers, Tomas Vokoun, aufbaute. Vokoun hat von 190 Schüssen auf sein Tor 181 gehalten, das entspricht tollen 95,26 Prozent. Den Kanadier Wade Redden, als bester WM-Verteidiger geehrt, entschädigte dies "genau gar nicht. Das Finale war frustrierend, aber wir haben ein anständiges Turnier gespielt."

Schlechte Dramaturgie am Ende

Die Schlusszeremonie der WM war bemerkenswert schlecht komponiert, zig Ehrungen und Einlagen und Durchsagen führten dazu, dass selbst 5000 tschechischen Fans schlagartig das Feiern verging. Die Kanadier mag auch verblüfft haben, dass der Russe Alexej Kowalew vom internationalen Verband (IIHF) zum besten WM-Angreifer gekürt wurde. Kowalew hatte vier Assists und drei Tore verbucht, mit also sieben Punkten kam er nicht einmal unter die besten Zehn, von Kanadas Topscorern Joe Thornton (16) und Rick Nash (15) trennten ihn Welten.

IIHF-Präsident Rene Fasel erklärte die mit 120 NHL-Spielern bestbesetzte WM aller bisherigen Zeiten für beendet. "Ab 6. Mai 2006 sehen wir uns in Riga wieder", sagte der Schweizer. Für den Absteiger Österreich, der Ende April beim B-WM-Turnier in Estland spielt, gilt das nicht. (Fritz Neumann, DER STANDARD Printausgabe 17.05.2005)