Paris - Francois Bayrou, Chef der zentrumsbürgerlichen französischen Regierungspartei UDF, hält eine zweite Volksabstimmung über die künftige europäische Verfassung "in einigen Monaten" für möglich, falls es zu einem Nein bei der ersten Abstimmung am 29. Mai kommen sollte. Dagegen betonte der ehemalige Erziehungsminister in einem Interview für die Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche", dass es keinen "Alternativplan" gebe, um das Grundgesetz mit den EU-Partnern neu auszuhandeln.

"Wenn Frankreich mit Nein stimmt, gibt es zwei Hypothesen", meinte Bayrou und fuhr fort: "Entweder alles bleibt stehen und es gibt keine Verfassung mehr, zumal die Einstimmigkeit (der EU-Länder, Anm.) nötig ist. Oder man wird uns auffordern, in einigen Monaten ein zweites Mal zu wählen, aber über denselben Text, wie das vorher für Irland gemacht worden war, das zum Abkommen von Nizza nein und danach ja gesagt hatte".

"Aber was für eine unglaubliche Erniedrigung wäre das für unser Land, dessen europäische Haltung endgültig angeschlagen wäre", gab der UDF-Chef, der für ein Ja beim Referendum Wahlkampf führt, zu bedenken. Unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung stehe nach dem 29. Mai allerdings eine "politische Änderung" auf dem Programm. "Die Franzosen warten offen seit 2004 darauf, und ich würde sogar sagen seit 2002", sagte Bayrou und fügte hinzu: "Unabhängig vom Ausgang hat das Referendum das Ausmaß der Trennung zwischen der so genannten Elite und dem Volk bewiesen".

Giscard schließt einen neuen EU-Verfassungstext aus

Wenn die Franzosen die europäische Verfassung bei der Volksabstimmung vom 29. Mai ablehnen, "wird es keinen neuen Text geben." Dies erklärte der ehemalige französische Präsident und Vorsitzende des EU-Reformkonvents, Valery Giscard d'Estaing (UDF), in einem Interview für das Wochenmagazin "L'Express". Sollte das Nein bei dem Referendum siegen, so wird es "zu einer neuen Abstimmung kommen", fügte der Zentrumspolitiker hinzu.

"Aber ich glaube, dass die Franzosen mit Ja stimmen werden", sagte Giscard in dem Interview, das am Montag veröffentlicht wird und machte eine Prognose von "53 bis 55 Prozent" Befürwortern. Jüngste Meinungsumfragen in Frankreich ergaben am Freitag 52 Prozent für das Ja und am Samstag 54 Prozent für das Nein.

Ein Nein-Sieg wäre für Frankreich "kompliziert". "Die Franzosen könnten es akzeptieren, zu einem neuen Text ja zu sagen, den sie vorteilhafter einschätzen. Aber es wird keinen neuen Text geben, denn man wird von der Mehrheit der Länder, die diesen Text verabschieden werden, nicht verlangen können, ihre Wahl zu vergessen", so Giscard. (APA/Red)