Helsinki - In Frankreich hat sie als Art Brut schon eine jahrzehntelange Tradition, auch in vielen anderen Ländern wie Österreich beschäftigen sich Theorie und Praxis längst damit: Eigen-artige Kunst fernab von anerkannten Strömungen und Kulturbetrieb, geschaffen von Autodidakten und nicht selten Psychiatriepatienten. Das Kiasma-Museum in Helsinki widmet erstmals auch in Finnland eine umfassende Ausstellung heimischen und internationalen Outsider-Künstlern.

Eifer der Spätbekehrten

Erst vor rund acht Jahren erwachte in Finnland das Interesse an dem Phänomen - spät also, wie Kiasma-Direktorin Tuula Karjalainen zwei Tage vor der Ausstellungseröffnung einräumt. Dafür gingen die Finnen mit umso mehr Begeisterung ans Werk: Der Bund zur Förderung von Kunst und Bildung im ländlichen Raum (MSL) begann mit staatlicher und EU-Unterstützung landesweit systematisch Eigenbau-Künstler ausfindig zu machen. Die Methode war ebenso einfach wie effektiv: Man verteilte unter anderem Gratis-Kärtchen, mit denen man Freunde, Nachbarn oder Bekannte "anzeigen" konnte, die als "neue Volkskünstler" tätig sind.

Mit Erfolg: Mittlerweile sind 300 Künstler in ganz Finnland erfasst, wie MSL-Kulturchefin Liisa Heikilä stolz berichtet. Auch ein eigener Begriff für die finnische Art Brut etabliert sich bereits: ITE-Kunst. Der Begriff kommt von "itse tehty elemä", was so viel wie "selbst gemachtes Leben" bedeutet. Die Abkürzung ITE klingt auf Finnisch außerdem wie die Slang-Variante von "selber".

Lustigste Zeit ihres Lebens

Die äußerst bemüht gestaltete Ausstellung zeigt rund 300 Werke von 50 finnischen und internationalen Künstlern auf zwei Ebenen. Unter den internationalen Beiträgen finden sich auch die Werke zweier Künstler aus dem Haus der Künstler in Gugging, Johann Fischer und Oswald Tschirtner.

Museums-Chefin Karjalainen sagte vor der Eröffnung, die Arbeit an der Ausstellung sei vielleicht die lustigste Zeit ihres Lebens gewesen. Dass die Arbeit allen Beteiligten Spaß gemacht hat, ist unübersehbar: Der riesige, von ITE-Künstler Edvin Hevonkoski geschaffene Porträtkopf von Präsidentin Tarja Halonen vor dem Museum bremste bei seiner Aufpflanzung sogar die auf dem Mannerheim-Platz allgegenwärtigen Skateboarder und entlockte den Passanten so manches Lächeln.

Die Ausstellung "Omissa Maailmoissa - In Another World" im Helsinkier Museum für Gegenwartskunst, Kiasma, ist von 14. Mai bis 21. August geöffnet. Zum Rahmenprogramm gehören Vorlesungen und eine internationale Konferenz. Gäste aus Österreich sind der Vize-Chef des Gugginger Hauses der Künstler, Florian Reese, sowie der Maler und Kunstprofessor Arnulf Rainer, der am 25. Mai einen Vortrag halten wird. (APA)