Ein Wiener Memorandum soll den Schlusspunkt der Veranstaltung bilden.


Wien - Wien ist für drei Tage Zentrum der internationalen Denkmalpfleger. Unter dem Titel "Welterbe und zeitgenössische Architektur" findet von Donnerstag bis Samstag die Unesco-Welterbekonferenz im Wiener Rathaus statt.

600 Denkmalpfleger, Architekten und Stadtplaner aus aller Welt sind angereist, um die Thematik neue Architektur in alter Substanz zu erörtern. Ziel der Veranstaltung ist ein "Wiener Memorandum", das die Beziehungen zwischen Neubauten und historischer Substanz in gewachsenen Stadtensembles genauer definieren und hinterfragen will.

Nicht nur in Wien - Stichwort Wien-Mitte - finden laufend Diskussionen um Hochhäuser in empfindlichen Kernzonen statt, auch in Deutschland, etwa in Köln, wird über die Möglichkeiten der Koexistenz von Alt und Neu laufend heftig gestritten.

Der Direktor des Unesco-Weltkulturerbezentrums in Paris, Francesco Bandarin, betrachtet die Angelegenheit ganzheitlich. Er will nicht Einzelobjekte, sondern "historische Stadtlandschaften" in den Mittelpunkt stadtplanerischer Überlegungen stellen: "Das Problem ist sehr oft, dass durch Neubauten die Form oder der Umriss der Stadtlandschaft verändert werden." Auch "pseudohistorische" Gestaltung sei abzulehnen.

Wiens Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) betonte, dass sich Städte nicht dem "reinen Kommerzdenken" ausliefern sollten, sehr wohl auf den Bestand Rücksicht zu nehmen sei, allerdings in zeitgenössischer Manier. Als gelungenes Beispiel nannte er das Bürogebäude K47 der Architekten Henke und Schreieck, den ersten Neubau in der Wiener Innenstadt seit dem umstrittenen Haas Haus von Hans Hollein.

Der spanische Architekt Rafael Moneo betonte, dass Architekten in ihren Planungen so gut wie immer auf Bestehendes Rücksicht nehmen müssten und regelmäßig einen "Dialog mit der Vergangenheit" führten. Die Geschichte der Architektur sei voll von Beispielen von Gebäuden, die auf den Fundamenten von Vorgängerbauten errichtet worden seien.

Architekt Joseph Rykwert (USA) vermisst eine ganzheitlichere Sicht der Planer, die, wie er meinte, vor allem Einzelobjekte im Visier hätten, und weniger die Stadtensemble.

Die Unesco stellt seit 1972 "Kultur- und Naturerbe" unter Schutz, insgesamt wurden bereits 788 Objekte in 134 Staaten in die Welterbeliste eingetragen. 154 davon sind reines Naturerbe. Aus Österreich wurden seit 1996 acht Orte eingetragen: die Altstädte von Salzburg, Graz, Wien, Schloss und Park Schönbrunn sowie die Kulturlandschaften "Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut", Wachau und Fertö/Neusiedlersee. Francesco Bandarin betonte, die Konferenz sei nicht gegen, sondern für die Architektur. (pm, uwo / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.5.2005)