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Tribut an die "Rosenrevolution": George W. Bush mit Michail Saakaschwili vor begeisterten Georgiern in Tiflis.

Foto: EPA/PAVEL WOLBERG
"Ich gehe auf den ,Freiheitsplatz'", kündigte George W. Bush an und stutzte kurz, "stellen Sie sich vor: auf den ,Freiheitsplatz'". Kurz nach Mittag steht der US-Präsident tatsächlich auf dem zentralen Platz von Georgiens Hauptstadt Tiflis in einem Meer applaudierender Menschen, und exakt dort, wo einmal eine Lenin-Statue den Machtbereich der Sowjetunion markierte.

Tiflis' Hauptplatz ist für kurze Zeit die Fleisch gewordene Welt von Bushs Freiheits- und Demokratierhetorik. "Ihr habt das Beispiel gegeben", ruft Bush an diesem Dienstagmittag den vielleicht 100.000 Georgiern zu, "von Bagdad nach Beirut, nach Bischkek". Bush nennt die "purpurfarbene Revolution im Irak" (wegen der rot markierten Finger der Wähler, Red.), die orangefarbene Revolution in der Ukraine und die "Zedern-Revolution" im Libanon, die alle auf Georgiens "Rosenrevolution" gefolgt seien.

In Michail Saakaschwili, dem umtriebigen 38-jährigen Staatspräsidenten, der im November 2003 während eines wohl orchestrierten Volksprotests mit einem Strauß Rosen in der Hand in das Parlament gestürmt war und den damaligen Staatschef Eduard Schewardnadse zur Flucht zwang, hat Bush dabei einen hilfreichen Verbündeten gefunden. "Er spricht wie ich, er liebt die Demokratie und die Freiheit", lobte Bush vor seiner Rede während einer kurzen Pressekonferenz im Parlament.

Als Saakaschwili dann gemeinsam mit dem US-Präsidenten über eine Rampe auf die Rednertribüne des "Freiheitsplatzes" geht und den "Freiheitskämpfer" und "Weltführer" George W. Bush ankündigt, reißt der Gastgeber den Arm des US-Präsidenten hoch wie ein Ringrichter und erklärt ihn zum Sieger, noch bevor Bush den Mund aufgemacht hat. "Gamardschobat", ruft Bush in die Menge - "seid siegreich", heißt der georgische Gruß wörtlich.

Der erste Besuch eines amerikanischen Präsidenten in der früheren sowjetischen Republik kam zu einem politisch sensiblen Zeitpunkt. Georgien liegt mit der früheren Vormacht Russland in einem heftigen Streit über die Aufgabe zweier Militärbasen im Land. Russland hatte sich bei einem OSZE-Gipfel 1999 zu Verhandlungen mit Georgien über den Abzug der vielleicht 3000 Soldaten und deren Waffen verpflichtet. Ein Abkommen platzte vergangenen Freitag, sodass Saakaschwili aus Protest die Feier zum 60. Jahrestag des Weltkriegsendes in Moskau boykottierte.

Separatistenkonflikte

Bush zeigte sich vorsichtig mit Kommentaren über die russischen Basen, aber auch über die zwei georgischen Separatistenprovinzen Abchasien und Südossetien, die von Moskau finanziell und militärisch unterstützt werden. Russlands Präsident Wladimir Putin habe ihm zugesagt, dass die Verpflichtungen von 1999 erfüllt würden, sagte Bush. Der Streit über Abchasien und Südossetien müsse von der georgischen Regierung und den "Leuten in den Separatistengebieten" gelöst werden. Bush machte aber klar, dass Saakaschwili eine "gute Strategie" zur Lösung dieser Konflikte habe und Pläne für eine Autonomie anbot.

Westliche Diplomaten zeigten sich in den vergangenen Monaten besorgt über die Aufrüstung der georgischen Armee und zweideutige Äußerungen des Verteidigungsministers Irakli Okruaschwili, der als Hitzkopf gilt. Bushs Besuch in Tiflis begeisterte gleichwohl die Georgier. "Wir sind nicht mehr allein", hieß es immer wieder auf dem "Freiheitsplatz". (DER STANDARD, Printausgabe, 11.5.2005)