Heinrich Breloer (Mitte) mit Hitler-Darsteller Tobias Moretti und Sebastian Koch, spielt Albert Speer.

Foto: ORF/Herby Sachs
Fast 25 Jahre hat die Person Albert Speer Heinrich Breloer nicht losgelassen, doch einmal muss Schluss sein: "Es hat mich Kraft genug gekostet, den 'Herrn der tausend Masken' darzustellen", sagte der erschöpft wirkende Regisseur anlässlich der Präsentation von "Speer und Er" im März in Hamburg vor Journalisten.

Als Breloer den ehemaligen NS-Chefarchitekten und Rüstungsminister 1981 zu einem Gespräch traf, bekam er dessen Verführungskünste am eigenen Leibe zu spüren. Gleich sein gesamtes Material wollte der ihm zur Verfügung stellen, erzählte Breloer. Als Menschen von "sehr einnehmendem und gewinnendem Wesen" erlebte der 63-jährige Regisseur seinen Gesprächspartner. Zu mehr kam es vorerst nicht, Speer fuhr nach London und starb kurze Zeit später.

Es ist zu erwarten, dass der von der Kritik teils euphorisch gelobte Film sein Publikum finden wird. Auch wenn der Start von "Speer und Er" im ORF mit rund 640.000 Zuschauern nach einer für Fernsehverhältnisse beispiellosen Marketingkampagne reichlich ernüchternd ausfiel: Breloers letzte Arbeit, "Die Manns", wurde in 40 Länder verkauft. Der in Gelsenkirchen geborene Regisseur hat sich in seiner Laufbahn auf beinah jedes für die Bundesrepublik bedeutende Ereignis gestürzt: In "Staatskanzlei" verfilmte er 1987 die das Land erschütternde Bespitzelungsaffäre rund um den Tod des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel. Den Grimme-Fernsehpreis bekam er dutzendfach, darunter 1992 für "Kollege Otto – die Coop-­Affäre" und 1993 für "Wehner – die unerzählte Geschichte". Mit der Spieldokumentation "Das Todesspiel" über die Schleyer-"Landshut"-Entführung 1977 gelang ihm endgültig der Durchbruch.

Breloers Methode ist mittlerweile zum Markenzeichen geworden: Er verbindet – wie auch in "Speer und Er" – Interviews und Archivmaterial mit Spielszenen und hat sich so als "Erfinder des Dokudramas" etabliert.

Nicht alle sind einverstanden mit Breloers Recherchen zu Speer: Die Historikerin Gitta Sereny meint, es gebe keine – wie Breloer behauptet – Beweise, dass Speer für die Deportation der Juden in Berlin verantwortlich sei. Insgesamt stellt sie dem Film dennoch ein positives Zeugnis aus.

Bei Hitler-Darsteller Tobias Moretti kommt Breloer ins Schwärmen. Ein "unterschätztes Talent, das eine ganz große Zukunft" vor sich habe. Seine Rolle im "Speer"-Film habe Moretti "in äußerster Bescheidenheit bewältigt", betont Breloer und gestattet sich einen kleinen Seitenhieb auf die Hitler-Darstellung von Bruno Ganz in "Der Untergang": Moretti tue wenigstens nicht so, als "ob Hitler Iffland-Ring-Schauspieler gewesen ist". Heinrich Breloer ist mit der Regisseurin Monika Winhuisen verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Köln. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 11.5.2005)