Wien - Wien befürchtet eine finanzielle Belastung durch das Fremdenpaket, das am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde. Die Regelung weist laut der Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely (S) wesentliche Mängel auf: "Durch die Umsetzung der Neuerungen im Fremdenrecht hätte die Stadt Wien eklatante Mehrkosten in Höhe von über 2,4 Millionen Euro zu tragen."

Auf Grund der Übertragung von Agenden der Fremdenpolizei in die Zuständigkeit des Landes ergibt sich demnach ein erhöhter Personalbedarf von einigen Dutzend Mitarbeitern - samt Kosten für deren Arbeitsplatzausstattungen. Darüber hinaus müssten bestehende EDV-Systeme an die neuen Gegebenheiten angepasst werden, hieß es.

Wien habe darum vom Finanzminister die Aufnahme von Verhandlungen über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes verlangt, also den so genannten Konsultationsmechanismus ausgelöst, berichtete Wehsely in einer Aussendung.

Scharfe Kritik übte die Wiener Integrationsstadträtin an der "permanenten Vermischung" der Bereiche Asyl und Zuwanderung durch die Bundesregierung: "Die Themen Asyl einerseits, Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht andererseits, werden vom Bund in unappetitlicher Weise im so genannten Fremdenpaket 'verkauft', haben aber an sich nichts miteinander zu tun." Asyl sei kein Aspekt der Zuwanderungspolitik.

Der Wiener Caritasdirektor Michael Landau betonte in seiner Reaktion, dass "die Bemühungen der Innenministerin und ihrer Beamten anzuerkennen sind." Er sei aber enttäuscht, dass künftig unter Umständen auch Zwangsernährung für Menschen möglich sein soll, deren einziges "Verbrechen" möglicherweise darin besteht, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen", so Landau in einer Aussendung.

Nach der Einschätzung Landaus ist es auch nach wie vor unklar, wie die Zukunft traumatisierter Flüchtlinge aussehen soll: "Es darf nicht sein, dass hier Menschen mit oft schrecklichen Erfahrungen in die Mühlen der Bürokratie geraten." Zudem sei es ein falsches Signal, dass die entsprechende Gesetzesmaterie immer bloß aus dem sicherheitsdienstlichen Blickwinkel betrachtet werde, kritisierte Landau.

Innenministerium beruhigt Wien

Das Innenministerium hält die Sorgen der Stadt Wien in Sachen Asyl- und Fremdenpaket für unbegründet. Jener Punkt, wegen dem Wien den Konsultationsmechanismus angerufen habe, sei im aktuellen Entwurf gar nicht mehr enthalten, sagte Johannes Rauch, Sprecher von Innenministerin Liese Prokop (V), am Dienstagnachmittag im Gespräch mit der APA. Darum sei man über die Kritik der Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely (S) "etwas verwundert".

Laut Rauch geht es um die modulare Aufteilung bei den Deutschkursen - konkret um das Modul 3, dessen Themen vom Landeshauptmann festgelegt werden sollten. Dieses Modul ist laut Innenministerium jedoch inzwischen im Modul 2 aufgegangen. Jene Kosten, die von der öffentlichen Hand zu tragen sind übernehme der Bund, nicht die Länder. Rauch: "Wenn man kritisiert, soll man schon den richtigen Entwurf nehmen."

Wehsely-Büro widerspricht Prokop-Sprecher

Der Pressesprecher der Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely (S), Michael Eipeldauer, hat dem Sprecher von Innenministerin Prokop "Fehlinformation" in Sachen Fremdenpaket vorgeworfen. Wenn Rauch meinte, dass jener Punkt, wegen dem Wien den Konsultationsmechanismus angerufen habe, im aktuellen Entwurf gar nicht mehr enthalten sei, dann "ist das falsch", so Eipeldauer.

Natürlich würden gewisse Agenden der Fremdenpolizei in die Zuständigkeit des Landeshauptmanns übertragen. Die von Rauch angesprochene modulare Aufteilung bei den Deutschkursen sei aber nicht das große Problem. "Das macht einen lächerlichen Anteil aus". Deswegen sei eine Erhöhung des Personalbedarfs notwendig. (APA)