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Auf etwaige archaische Symbolkraft will ich da jetzt gar nicht zurückgreifen, sondern gleich einmal ein hohes Lob des kernweich gekochten Eis ausrufen. Was sehr viel Besseres gibt’s nämlich eigentlich nicht, vor allem dann, wenn gerade Sonntag ist und man auch den Salzstreuer nicht in der Küche vergessen hat.

Wie gesagt, eirige Symbolik nein, Leidensgeschichte bei der Zubereitung hingegen schon, und gleich vorweg: Ohne ein kleines Loch ins stumpfe Ei-Ende zu pecken, ist die Zubereitung ein reines Glücksspiel, dessen Sieg-Wahrscheinlichkeit jener von rouge ou noir beim Roulette ähnelt. Und auf solche 50prozentigen Angelegenheiten hab zumindest ich gerade am Sonntag in der Früh nur wenig Lust – mag uncool sein, aber zerrissene Eierschalen mit unappetitlich hervorquellendem, im heißen Wasser bizarr stockenden Eiklar – nö, danke.

So, nach diesem kurzen Ausflug in die Banalität nun zum psychologischen Küchen-Thema des heutigen Tages, nämlich der Art, wie man das gekochte Ei öffnet. Mir persönlich fallen da ja leider nur zwei Methoden ein, und zwar die brachiale Hasard-Methode einerseits und die behutsame Präzisionsmethode andererseits: Erstere – man nimmt das Messer, nimmt Schwung und trennt mit etwas Glück das obere Drittel oder Viertel des Eis mit einem Schlag vom Rest, ohne dass sich dabei wer verletzt, Dotter verspritzt wird, das Ei aus dem Becher fällt und am Boden zerbricht, das abgetrennte „Kapperl“ (wie nennt man das eigentlich wirklich?) in weitem Bogen über den Frühstückstisch segelt oder andere Katastrophen eintreten.

Zweitere Methode wird von mir bevorzugt und funktioniert so, indem man mit dem Messer die Eierschale auf der gewünschten Höhe rundherum anknackst, das Messer dann einführt und den oberen Teil des Eis problemlos abtrennt.

Komischerweise macht diese in meinen Augen völlig vernünftige Art, ein gekochtes Ei zu öffnen, aber einen erstaunlich schlechten Eindruck, vor allem bei Frauen: Nicht wenige blickten mich angesichts meiner Ei-Prozedur mit einer Verachtung an, die mir relativ deutlich zum Ausdruck brachte, dass das Weichei hier eher bei ihr am Tische sitzt und nicht sich im Eierbecher befindet, und auch der liebste Mensch der Welt wendet sich regelmäßig mit Grauen ab, obwohl ich mittlerweile echt behende und flink zur Sache gehe. Aber, frage ich: Soll man tatsächlich, nur um Eindruck zu schinden, auf sämtliche Errungenschaften der aufgeklärten Menschheit verzichten und wieder zum Schwert-schwingenden Kettenhemd-Fuzzi werden?

Es gäbe übrigens auch noch eine weitere Alternative, mit der man sich allerdings recht eindeutig als verspielter Technik-Teenager zu erkennen gibt: Dieser Eierschalen-Sollbruchstellen-Erzeuger irgendeines skandinavischen oder italienischen Erfinders, den man aufs Ei aufsetzt und sodann eine kleine Metallkugel über eine Schiene auf den Metallhut sausen lässt, worauf mittels Impulssatz ein haarscharfer Bruch herbeigeführt wird und der Ei-Kopf selbst von Vorsichtigen zielsicher und ohne Splittergefahr abgetrennt werden kann. Aber ich weiß nicht, ganz schön ein Aufwand für eine so simple Tätigkeit. Vielleicht verleg’ ich mich einfach auf Spiegelei.